Berlin (Reuters) – Lieferengpässe, Corona-Welle, Inflation: Den deutschen Einzelhändlern droht ausgerechnet im traditionell umsatzstarken Schlussquartal mit dem wichtigen Weihnachtsgeschäft ein Rückschlag.
Ihre Einnahmen sanken im Oktober preisbereinigt (real) um 0,3 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hier mit einem Wachstum von 1,0 Prozent gerechnet, nachdem der Umsatz im September bereits um 1,9 Prozent gefallen war. Verglichen mit dem Vorjahresmonat sank er sogar real um 2,9 Prozent. “Eine mögliche Ursache für diesen Umsatzrückgang könnten die mehrfach berichteten Lieferengpässe im Einzelhandel sein”, erklärten die Statistiker dazu.
Diese haben sich inmitten des Weihnachtsgeschäfts verschärft: 77,8 Prozent der Händler beklagten im November, dass nicht alle bestellten Waren geliefert werden können, wie aus einer Umfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. Im Oktober waren es 60 Prozent. “Manche Stelle im Regal wird zu Weihnachten wohl leer bleiben”, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.
“CHAOTISCHE KRISENPOLITIK”
Ökonomen befürchten, dass dem Einzelhandel schwierige Monate bevorstehen – nicht zuletzt wegen der drohenden 2G-Regel, nach der nur noch Geimpfte oder Genesene in Geschäfte dürfen, mit Ausnahme von denen für den täglichen Bedarf. Bund und Länder werden nach Aussagen des designierten Kanzlers Olaf Scholz am Donnerstag eine 2G-Regel im Einzelhandel beschließen.
“Die Konsumlaune ist durch die beständigen Negativnachrichten von der Corona-Front stark angeschlagen”, sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. “Die Zurückhaltung steigern dürfte jetzt auch noch die chaotische Corona-Krisenpolitik von Bund und Ländern.” Da durch Beschränkungen immer weniger Konsumenten in der Lage seien, ihr Geld auszugeben, dürften sich die Sparbücher wohl wieder füllen. Im laufenden vierten Quartal dürfte der Konsum als Konjunkturstütze ausfallen, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. “Die höheren Energiepreise und die vierte Welle werden den Verbrauch eindeutig belasten.” Die Inflationsrate ist derzeit mit 5,2 Prozent so hoch wie seit fast 30 Jahren nicht mehr, was Kaufkraft kostet.
Trotz aller Probleme rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) bislang noch mit einem Rekordumsatz im laufenden Weihnachtsgeschäft. Die Einnahmen sollen im November und Dezember um zwei Prozent zum Vorjahreszeitraum auf knapp 112 Milliarden Euro steigen. Angetrieben wird das Weihnachtsgeschäft vor allem vom Online-Handel. Traditionell machen klassische Geschenke-Branchen wie der Spielwarenhandel mehr als ein Fünftel ihres Jahresumsatzes im November und Dezember.