– von Andreas Rinke und Holger Hansen
Berlin (Reuters) – Als letzte der drei Ampel-Parteien hat die SPD am Montag die Riege ihrer Ministerinnen und Minister vorgestellt.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach soll Gesundheitsminister werden und die bisherige Justizministerin Christine Lambrecht das Verteidigungsressort übernehmen, kündigte der designierte Kanzler Olaf Scholz bei der Vorstellung im Willy-Brandt-Haus an. Überraschend soll die hessische SPD-Landesvorsitzende Nancy Faeser Innenministerin werden. Die 51-Jährige wird damit die erste Frau an der Spitze dieses Ministeriums. Die aus Brandenburg stammende 45-jährige SPD-Vize Klara Geywitz übernimmt das Bauressort, die bisherige Umweltministerin Svenja Schulze das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Arbeitsminister Hubertus Heil bleibt Arbeitsminister.
Kanzleramtschef wird wie erwartet der bisherige Finanzstaatssekretär und Scholz-Vertraute Wolfgang Schmidt. “Ich will dafür sorgen, dass Olaf Scholz den Rücken frei hat, damit er das machen kann, was er versprochen hat, zu tun was er angekündigt hat – ordentlich zu regieren”, sagte der 51-jährige Schmidt bei seiner Vorstellung. Scholz betonte, dass ihm die Parität in der Riege der Ministerinnen und Minister wichtig sei. Das Bundeskabinett wird nun acht Männer und acht Frauen umfassen – plus ihm selbst als Kanzler. “Sicherheit wird in dieser Regierung in den Händen starker Frauen liegen”, sagte der wohl künftige Kanzler mit Blick auf Lambrecht und Faeser.
Einige der Minister stellten bereits Kernthemen ihrer Arbeit vor. Der 58-jährige Lauterbach, ein lautstarker Mahner in der Corona-Krise und Verfechter eher schärferer Maßnahmen, sagte, die Corona-Pandemie werde länger dauern als viele denken. “Mit uns wird es keine Leistungskürzungen im Gesundheitssystem geben”, betonte der studierte Epidemiologe. Die designierte Innenministerin Faeser bezeichnete Rechtsextremismus als die größte Gefahr, die sie energisch bekämpfen wolle. Scholz verwies auf die langjährige Erfahrung der Juristin als innenpolitischen Sprecher in der hessischen SPD-Landtagsfaktion.
UNIONS-KRITIK AN LAMBRECHT
Die künftige Entwicklungsministerin Schulze betonte die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch im Kampf gegen Klimawandel. Die designierte Bauministerin Geywitz sagte, dass sie sich neben dem Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr auch um einen verstärkten Schutz von Mieterinnen und Mietern kümmern wolle. Dass Arbeitsminister Hubertus Heil sein Amt weiterführen soll, begründete Scholz damit, dass dieser für zwei seiner “Herzensanliegen” zuständig sein werde, nämlich die Einführung des Mindestlohns und die Sicherung der Rentenversorgung. SPD-Chefin Saskia Esken bezeichnete es als Ziel, den Sozialstaat fit für das 21. Jahrhundert zu machen.
Kritik gab es an der Wahl von Lambrecht als neue Verteidigungsministerin. “Frau Lambrecht ist fachfremd, ist dem eher bundeswehrkritischen linken Lager der hessischen SPD zuzurechnen und hatte damit kokettiert, kein neues Amt in der Bundesregierung anzustreben”, kritisieret CDU/CSU-Fraktionsvize Johann Wadephul. “Diese Personalie kann als weiteres Zeichen interpretiert werden, dass der SPD die Verteidigungspolitik und die Bundeswehr ziemlich egal sind.” Dagegen betonte Scholz die große Erfahrung Lambrechts in der Führung von Ministerien. Sie selbst kündigte eine Modernisierung des Beschaffungswesens an. Die Bundeswehr müsse für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter attraktiver werden. Zudem wolle sie für eine ständig Überprüfung von Auslandseinsätzen sorgen.
Die Entscheidung für die Kabinettsriege ist nach parteiinternen Angaben zwischen Scholz, Esken, dem Co-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans, Fraktionschef Rolf Mützenich und Generalsekretär Lars Kingbeil gefallen. Am Dienstag wollen SPD, Grüne und FDP den Koalitionsvertrag unterzeichnen. Am Mittwoch ist die Vereidigung von Scholz als neuem Kanzler geplant. Noch am Montag sollen auch Namen der Staatssekretäre der von der SPD besetzten Ministerien bekannt gegeben werden.