Vier EU-Länder wollen in letzter Minute noch Öko-Label für Erdgas verhindern

Brüssel (Reuters) – Kurz vor der endgültigen Entscheidung der EU-Kommission über die Klassifizierung nachhaltiger Energieformen pochen vier EU-Länder noch auf Änderungen.

Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande argumentierten am Dienstag in einem gemeinsamen Brief an die Brüsseler Behörde, Erdgas dürfe nicht als “grün” eingestuft werden. Dafür gebe es keine wissenschaftliche Begründung. Die Kommission sollte ihre Vorschläge von Ende 2021 noch einmal überdenken. Sie sollten nur als “grün” klassifiziert werden, wenn die CO2-Emissionen konkreter Projekte bei unter 100 Gramm pro Kilowattstunde lägen. Die Forderung deckt sich mit der Empfehlung eines Expertengremiums. Die EU-Kommission sieht bislang eine Grenze von 270 Gramm vor.

Am Mittwoch will die EU-Kommission die sogenannten Taxonomie-Pläne vorlegen. Ob es noch zu Änderungen des bisherigen Entwurfs kommt, ist offen. Sobald die Pläne veröffentlicht sind, sind sie kaum noch zu stoppen. Dafür bräuchte es eine Mehrheit im Europäischen Parlament oder ein Veto von 20 der 27 EU-Länder. Beides gilt nicht als wahrscheinlich.

Auch die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP hat die Taxonomie-Pläne scharf kritisiert, aber aus anderen Gründen. Sie stört sich vor allem an dem grünen Label für Atomkraft, das Frankreich durchgesetzt hat.

Die Taxonomie soll Investoren und Banken einen Leitfaden geben, was künftig als nachhaltig einzustufen ist. Für die Finanzbrache hat das eine große Bedeutung, da immer mehr Investoren darauf Wert legen. So sollen Finanzströme bewusst in grüne Anlagen gelenkt werden. Die deutsche Fondsbranche hat kritisiert, dass die Einbeziehung von Erdgas und Atomkraft nicht glaubwürdig ist und die Akzeptanz der Regeln entgegenwirken dürfte. Für Länder wie Polen oder Tschechien sind Erdgas und Atomkraftwerke aber die bessere Alternative zur noch klimaschädlicheren Kohle.

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