Frankfurt (Reuters) – In Deutschland nimmt die Debatte um eine Lockerung der Corona-Maßnahmen trotz eines neuen Höchststands bei der Inzidenz weiter zu.
Bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 16. Februar könnte über den schrittweisen Wegfall der Maßnahmen gesprochen werden, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach der “Bild”-Zeitung. “Ich glaube, dass wir deutlich vor Ostern lockern werden. Davon bin ich fest überzeugt.” Der Ostersonntag fällt in diesem Jahr auf den 17. April. Auch eine Mehrheit der Deutschen spricht sich laut einer Umfrage für Lockerungen aus. Erste Bundesländer kippten bereits die 2G-Regel im Einzelhandel und auch Bayern geht auf Lockerungskurs.
Ministerpräsident Markus Söder sprach nach einer Sitzung des CSU-Vorstands von einer “sanften und kontrollierten Öffnung”. Bei der Belastung des Gesundheitssystems drohe keine Überforderung mehr. Es gelte, die “Tür durch die Coronawand zu finden”. Die Impflicht im Gesundheitswesen, die ab Mitte März gelten soll, führe zu erheblichen Problemen, wenn ungeimpfte Pflegekräfte kündigten. “Deswegen werden wir im Vollzug großzügigste Übergangsregelungen anwenden.” Das laufe de facto “auf ein Aussetzen des Vollzugs” hinaus.
Von der Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Claudia Moll, erntete Söder dafür scharfe Kritik: “Wir kommen durch die Omikron-Welle doch bisher nur so gut, weil viele Pflegebedürftige und auch Pflegekräfte geimpft, geboostert und die Einrichtungen gut geschützt sind”, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Lauterbach sieht in den Ungeimpften die größte Bremse für Lockerungen. “Bei den über 60-Jährigen sind zwölf Prozent nicht geimpft, in England sind es nur zwei Prozent.” Sofortige Lockerungen lehnte er ab, da der Höhepunkt der Omikron-Welle noch bevorstehe. Er gehe aber davon aus, dass im Herbst “der Spuk vorbei” sein werde, aber nur, wenn es eine Impfpflicht gebe.
CORONA-MÜDIGKEIT MACHT SICH BREIT
CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich in der “Rheinischen Post” für ein regional abgestuftes Vorgehen bei den Lockerungen aus. “Wir haben ein sehr unterschiedliches Infektionsgeschehen. Schleswig-Holstein könnte sich fast schon dem dänischen Weg anschließen. Für Bayern und Sachsen kommt das zurzeit noch nicht infrage.” In Hessen etwa gilt seit Montag die 2G-Regel im Einzelhandel nicht mehr, in Sachsen bereits seit Sonntag, und noch in dieser Woche soll sie in Schleswig-Holstein wegfallen. Auch Brandenburg will sie abschaffen. In anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg und Niedersachsen kippten bereits Gerichte die 2G-Regel im Handel. Auch der Städte- und Gemeindebund ist für eine Aufhebung.
Die aktuellen Maßnahmen findet erstmals eine Mehrheit der Deutschen zu streng. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Insa für “Bild am Sonntag” sind 49 Prozent für Lockerungen, 44 Prozent sind dagegen. Mehrheitlich wünschen sich viele Menschen Lockerungen in verschiedenen Bereichen, von Kontaktbeschränkungen für Geimpfte bis zu den 2G-Regeln im Einzelhandel. Eine Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte werden aber befürwortet.
Das Robert-Koch-Institut meldete am Montag 95.267 Positiv-Tests binnen 24 Stunden. Das sind 16.849 Fälle mehr als vor einer Woche, als 78.318 Neuinfektionen gemeldet wurden. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf einen Höchstwert von 1426,0 von 1400,8 am Vortag. 49 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 118.766. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 11,1 Millionen Corona-Tests positiv aus.