Delivery Hero entsetzt Anleger – Aktie legt Rekordsturz hin

Berlin (Reuters) – Der Essenslieferdienst Delivery Hero hat Anlegern mit seinem Ausblick und Verlusten kräftig den Appetit verdorben.

Die Aktien des Dax-Konzerns brachen am Donnerstag um mehr als 27 Prozent auf 48,72 Euro ein und damit so stark wie nie zuvor. Anlegern schlug auf den Magen, dass die Verluste höher ausfielen als erwartet. Zwar veröffentlicht der in Berlin ansässige Unternehmen den tatsächlich erzielten Fehlbetrag erst Ende April, gab allerdings mit der Marge jetzt schon mal einen Einblick.

Die erwarteten Verluste auf Ebitda-Ebene seien höher als erwartet, konstatierten die Analysten der Berenberg Bank. Die operative Rendite auf den Bruttowarenwert (Ebitda-Marge) fiel 2021 mit minus 2,2 Prozent schlechter aus als zuvor prognostiziert. Finanzchef Emmanuel Thomassin begründete dies mit notwendigen Investitionen in Südkorea und der Türkei, um Konkurrenten wie Uber und Coupang in Schach zu halten, sowie Kosten für den beschleunigten Ausbau des eigenen Lagernetzes. “Das Wachstum hat oberste Priorität”, machte Thomassin klar.

Der Umsatz von Delivery Hero soll im laufenden Jahr auf 9,5 bis 10,5 Milliarden Euro steigen. Das entspräche einem Plus von mindestens 44 Prozent. Im vergangenen Jahr legten die Erlöse um 89 Prozent auf 6,6 Milliarden Euro zu. Den Wert der von Kunden bestellten Waren (Bruttowarenwert) prognostiziert das Unternehmen 44 bis 45 Milliarden Euro in 2022 und will den Wert bis 2030 auf mindestens 200 Milliarden Euro erhöhen. Das sei enorm und erinnere daran, wie groß das Geschäft werden könnte, sagte ein Händler.

Delivery Hero wächst, dass sich Menschen in der Corona-Krise daran gewöhnt haben, ihre Mahlzeiten online zu bestellen und sich nach Hause liefern zu lassen. Inzwischen will Delivery Hero seine Kunden allerdings nicht nur mit Restaurantessen versorgen, sondern auch mit Lebensmitteln und anderen Supermarktartikeln. Dafür wurde der Ausbau des Lagernetzes beschleunigt. Inzwischen betreibt Delivery Hero weltweit mehr als 1000 Lager, muss sich allerdings auch gegen gut finanzierte Startups wie Getir, Flink und Gorillas zur Wehr setzen. Um einen Fuß in diesem Markt zu haben, hat sich Delivery Hero im vergangenen Jahr an Gorillas beteiligt.

DELIVERY HERO WILL KEINE VERLUSTE MEHR

Die Investitionen in das Lagernetz, Lieferfahrer sowie in neue Märkte und Übernahmen wie jüngst des spanischen Wettbewerbers Glovo halten Delivery Hero seit Jahren in der Verlustzone fest. Nun fielen laut einem Händler auch noch die Glovo-Investitionen höher aus. Das soll langsam ein Ende haben. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hat sich das in Berlin ansässige Unternehmen angesichts der scharfen Konkurrenz durch Lieferando-Eigner Just Eat Takeaway.com, Wolt und Uber Eats schnell wieder aus Deutschland zurückgezogen und will das Japan-Geschäft verkaufen. In Berlin werde nur ein Forschungszentrum bleiben, um Innovationen zu testen, sagte Firmenchef Niklas Östberg.

Das Unternehmen sei auf dem besten Weg, 2022 ein positives bereinigtes Betriebsergebnis (Ebitda) für das Plattformgeschäft – also das Essensliefergeschäft – zu erzielen, erklärte Delivery Hero. Wie das geht, hat Uber Eats im vierten Quartal bereits vorgemacht. In einem Reuters-Interview im Januar hatte Östberg eine Kehrtwende für den Gesamtkonzern angekündigt: “Wir wollen 2023 in einer Position sein, um die Gewinnschwelle auf Konzernebene knacken zu können.”

2022 soll sich zunächst die am GMV gemessene Ebitda-Marge auf zwischen minus 1,0 und 1,2 Prozent verbessern. Bis 2030 soll sie dann bei fünf bis acht Prozent liegen. “Was soll ein guter 2030er-Ausblick, wenn der für 2022 nicht befriedigt”, fragte sich ein Händler. Da komme sich der eine oder andere wohl an der Nase herumgeführt vor.

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