– von Frank Siebelt und Tom Sims
Frankfurt (Reuters) – Die deutschen Großbanken haben das zweite Corona-Jahr trotz hoher Kosten für laufende Konzernumbauten überraschend gut gemeistert.
Nach der Deutschen Bank Ende Januar präsentierte am Donnerstag auch die Commerzbank deutlich über den Erwartungen liegende Jahresergebnisse. Trotz Sonderbelastungen von fast zwei Milliarden Euro kehrte das Frankfurter Institut 2021 in die schwarzen Zahlen zurück und erzielte einen Nettogewinn von 430 Millionen Euro. Commerzbank-Chef Manfred Knof stellte für 2022 einen Gewinnsprung in Aussicht. “Auch dieses Jahr wird nicht einfach werden”, sagte er. “Gleichwohl erwarten wir für das laufende Geschäftsjahr bereits ein Nettoergebnis von mehr als eine Milliarde Euro.” Dann sollen die Aktionäre auch erstmals seit Jahren wieder eine Dividende erhalten. Bei den Anlegern konnte er damit punkten: Die Commerzbank-Aktie legte um bis zu 6,9 Prozent auf 9,17 Euro zu – der höchste Stand seit dreieinhalb Jahren.
Knof will die zweitgrößte deutsche Privatbank durch einen harten Umbau wieder auf einen stabilen Gewinnkurs führen. Von den einst 1000 Filialen sollen am Ende noch 450 Filialen übrigbleiben, 10.000 Jobs sollen insgesamt wegfallen. Anfang 2022 zählte das Institut noch rund 36.700 Vollzeitstellen – annähernd 2.800 weniger als ein Jahr zuvor. Die Commerzbank treibe den Umbau entschlossen voran, sagte Knof. “Damit wächst die Zuversicht, dass wir unsere ehrgeizigen Ziele für 2024 erreichen werden.”
Steigende Zinsen könnten der Bank dabei in die Hände spielen. Sollten sich die Markterwartungen höherer Zinsen bewahrheiten, würde der Zinsüberschuss 2024 mehr als 800 Millionen Euro höher ausfallen als erwartet, sagte Finanzchefin Bettina Orlopp. Angesichts der hohen Inflation hat die US-Notenbank Federal Reserve eine Zinswende für März angekündigt und auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte vor wenigen Wochen die Tür für einen eventuellen Zinsschritt noch in diesem Jahr ein Stückweit geöffnet. Die Rendite für die zehnjährige Bundesanleihe liegt bereits seit einigen Wochen über Null Prozent, so dass Anleger nach mehr als zwei Jahren wieder Geld für ihre Kredite an den deutschen Staat bekommen.
Im vergangenen Jahr profitierte die Commerzbank unter anderem davon, dass sich das Kundengeschäft gut schlug und das Provisionsergebnis dank des Wertpapierbooms kräftig stieg. Die Konzernerträge wuchsen um drei Prozent auf 8,46 Milliarden Euro. Zudem sank die Risikovorsorge im zweiten Pandemiejahr deutlich. Beteiligungen an Startups zahlten sich mit Beiträgen von fast 220 Millionen Euro aus. Das half der Bank Kosten für den Konzernumbau und Sonderbelastungen zu verdauen, nachdem für 2020 noch ein Verlust von fast 2,9 Milliarden Euro zu Buche gestanden hatte. Nach Angaben von Finanzchefin Orlopp summierten sich der Restrukturierungsaufwand, Belastungen für Frankenkredite in Polen und eine Sonderabschreibung wegen des Stopps der Auslagerung der Wertpapierabwicklung 2021 auf annähernd zwei Milliarden Euro. Die harte Kernkapitalquote (CET-1) verbesserte sich per Ende 2021 auf 13,6 Prozent von 13,2 Prozent Ende 2020.
Auf eine Dividende müssen die Anteilseigner jedoch ein weiteres Jahr warten. Zuletzt hatten sie für das Jahr 2018 eine Gewinnausschüttung von 20 Cent je Aktie erhalten. Für 2022 werde ein Gewinnausschüttung angepeilt, sagte Knof. “Die angestrebte Dividendenzahlung ist auch ein Signal für unsere Zuversicht”, sagte Knof. Dabei werde eine Ausschüttungsquote von 30 Prozent des Nettoergebnisses anvisiert, die die Bank dann anschließend auf bis zu 50 Prozent erhöhen will. Zudem seien Aktienrückkäufe im Rahmen der Ausschüttungsquote oder als Ergänzung denkbar.
BUND: BANK MUSS BEI UMSETZUNG DER STRATEGIE AUF KURS BLEIBEN
Die Aktionäre der Deutschen Bank können sich dagegen bereits dieses Jahr über eine Dividende von 20 Cent je Aktie und einen Aktienrückkauf freuen. Deutschlands größtes Geldhaus hatte Ende Januar positiv überrascht und trotz hoher Kosten für den laufenden Konzernumbau das beste Ergebnis seit zehn Jahren eingefahren. Unter dem Strich verdiente die Deutsche Bank 1,94 Milliarden Euro nach 113 Millionen Euro vor Jahresfrist.
Mit den Jahreszahlen und Geschäftsausblicken sehen Analysten die deutschen Großbanken nach harten Jahren wieder auf einem guten Weg. “Schon jetzt sieht es operativ für die deutschen Banken viel besser aus”, kommentierte Konstantin Oldenburger, Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets, am Donnerstag die Ergebnisse der Commerzbank. “Ein Ziel, wenn auch eher symbolischer Natur, wäre eine Rückkehr der Aktie in Deutschlands erste Börsenliga, nachdem die Commerzbank vor vier Jahren in den MDax abgestiegen ist.”
Der Bund, mit einem Anteil von gut 15 Prozent größter Commerzbank-Aktionär, sieht ebenfalls Fortschritte: “Eine Wiederaufnahme von Dividendenzahlungen im kommenden Jahr wäre ein Zeichen der Stärke in den Markt hinein”, sagte Florian Toncar, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, der Nachrichtenagentur Reuters. “Für den Bund ist jetzt wichtig, dass die Bank bei der Umsetzung der Strategie 2024 voll auf Kurs bleibt und auch die nächsten Ziele erreicht werden.”