Berlin (Reuters) – Die Serie schlechter Nachrichten aus der deutschen Wirtschaft nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine reißt nicht ab: Nach Exporten, Einzelhandelsumsätzen und Industrieaufträgen brach im März auch die Produktion ein – und das gleich viermal so stark wie erwartet.
Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 3,9 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. “Einen stärkeren Rückgang hatte es zuletzt zu Beginn der Corona-Krise im April 2020 gegeben”, hieß es dazu. Von Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 1,0 Prozent gerechnet, nachdem es im Februar noch zu seinem Mini-Wachstum von 0,1 Prozent gereicht hatte. Die russische Invasion begann am 24. Februar.
“Nach zuletzt fünf Anstiegen in Folge hat die Industrieproduktion dadurch einen herben Dämpfer erfahren – vor allem bedingt durch den russischen Krieg in der Ukraine”, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium. Einerseits sei Deutschland als Exportnation überproportional von den Handelssanktionen gegenüber Russland betroffen. Andererseits seien auch wichtige Waren im Produktionsprozess durch den Krieg in der Ukraine knapp geworden. “So machten fehlende Kabelbäume dem Kfz-Bereich zu schaffen”, erläuterte das Ministerium. Dadurch sei die Produktion “deutlich eingeknickt”, hieß es auch beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).
“WEITER NACH UNTEN”
Eine rasche Trendwende erwarten Ökonomen nicht. “In den kommenden Monaten dürfte es mit der Industrieproduktion tendenziell weiter nach unten gehen”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Einerseits lasse die Null-Corona-Politik in China den Nachschub für die Industrie stocken. Zum anderen verunsichere Wladimir Putins Angriffskrieg hierzulande Verbraucher wie Unternehmen. “Wegen der Schwäche in der Industrie dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt trotz der Lockerung der Corona-Beschränkungen im zweiten Quartal nur stagnieren”, sagte Krämer voraus.
“Das Konjunkturumfeld bleibt außergewöhnlich schwierig”, meint auch LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. “Hohe Rohstoffpreise und Störungen der Lieferketten machen der Industrie auf der Angebotsseite das Leben schwer, nachfragseitig belasten die Inflation sowie die Unsicherheit infolge des Kriegs in der Ukraine, demnächst wohl auch noch Zinserhöhungen.”
Die Industrie allein drosselte ihren Ausstoß diesmal um 4,6 Prozent, während das Baugewerbe gegen den Trend um 1,1 Prozent wuchs. Im Bereich Energie brach die Produktion um 11,4 Prozent ein. “Hier haben die hohen Preise zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage geführt”, erklärte das Wirtschaftsministerium.
Dennoch gibt es auch positive Nachrichten: Die Industrie verringerte die Zahl ihrer Kurzarbeitenden im April von 179.000 auf 135.000, wie das Ifo-Institut bei seiner Unternehmensumfrage herausfand. In der Autoindustrie sank die Zahl dabei von 59.000 auf 41.000.