Washington/Berlin (Reuters) – Der US-Jobmotor läuft trotz hoher Inflation und Ukraine-Krieg weiter auf vollen Touren.
Im April entstanden 428.000 neue Jobs und damit exakt genauso viele wie im März, wie aus am Freitag veröffentlichten Zahlen der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Volkswirte hatten für April lediglich mit 391.000 gerechnet. Die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote verharrte auf dem Vormonatswert von 3,6 Prozent – ein Niveau, das der von der Notenbank Fed angestrebten Vollbeschäftigung sehr nahe kommen dürfte.
“Der Job-Motor in den USA läuft und läuft. Seit Anfang 2021 setzt sich damit der kräftige Beschäftigungsaufbau nahtlos fort. Der Arbeitskräftemangel ist trotzdem immer noch groß”, so Ökonom Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Auch wenn sich für die kommenden Monate langsamere Beschäftigungszuwächse abzeichneten, werde die Zentralbank wohl auf ihrem geldpolitischen Straffungskurs bleiben.
Angesichts der Überhitzungstendenzen am Jobmarkt und der zugleich sehr hohen Inflation hat die Fed jüngst den größten Zinsschritt nach oben seit 22 Jahren vollzogen. Fed-Chef Jerome Powell räumte danach ein, dass die starke Teuerung an den Löhnen nage. Daher sei es wichtig, zur Preisstabilität zurückzukehren, die die Fed bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent verortet. Sie hat zudem das Mandat, die Bedingungen für Vollbeschäftigung zu fördern.
An den Finanzmärkten wird die Lage am US-Arbeitsmarkt auch deshalb genau verfolgt. “Die Börsianer trauen der Fed im Moment mehrheitlich nicht zu, dass sie gleichzeitig die Inflation bekämpfen und die Wirtschaft vor einem heftigen Absturz bewahren kann”, sagte Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Viele rechneten laut Experten damit, das die Inflations-Bekämpfung für die Fed Vorrang hat und damit in den kommenden Monaten auch größere Zinsschritte folgen könnten, als die von Powell in Aussicht gestellten Erhöhungen um einen halben Prozentpunkt.
Ein neuer Energiepreis-Schub infolge des Ukraine-Krieges hat mit dazu geführt, dass die Verbraucherpreise zuletzt mit 8,5 Prozent so kräftig gestiegen sind wie seit über 40 Jahren nicht mehr. Dies schmälert – wie von Powell beschrieben – die Kaufkraft. Die Stundenlöhne stiegen im April zum Vorjahresmonat zwar um 5,5 Prozent. Doch reicht der Zuwachs auf dem Lohnzettel der Amerikaner bei weitem nicht aus, um die hohen Preissteigerungen etwa an der Zapfsäule oder im Supermarkt zu kompensieren.
“Der Beschäftigungszuwachs bleibt hoch. Zudem stehen noch über 11,5 Millionen Stellen offen, was eine unverändert robuste Nachfrage nach Arbeitnehmern anzeigt”, so die Einschätzung der Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner. Diese Nachfrage schöpfe aus einem sich zusehends leerenden Pool verfügbarer Arbeitskräfte, was den Lohndruck hoch halten dürfte: “Noch gibt es keine klaren Hinweise auf eine Abkühlung des überhitzten Arbeitsmarktes.”