Karlsruhe/Frankfurt (Reuters) – Die Impfpflicht für Pflegekräfte und medizinisches Personal ist verfassungsgemäß.
Mit der am Donnerstag veröffentlichten Entscheidung wies das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde zahlreicher Betroffener zurück. “Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber”, begründeten die Karlsruher Richter ihre Entscheidung. Auch die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie mit der Omikron-Variante – bei der die Krankheitsverläufe häufig milder sind – begründe keine abweichende Beurteilung. (AZ: 1 BvR 2649/21) Bereits im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht zahlreiche Eilanträge gegen das Inkrafttreten der sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht zurückgewiesen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begrüßte die Entscheidung. “Der Staat ist verpflichtet, vulnerable Gruppen zu schützen”, sagte der SPD-Politiker. “Ich bedanke mich bei allen Einrichtungen, die die einrichtungsbezogene Impfpflicht umgesetzt haben. Sie haben großen Anteil daran, dass es in der schweren Omikron-Welle nicht noch mehr Todesfälle gegeben hat.” Einer Umfrage des Nachrichtenportals ZDFheute.de zufolge, sorgt die Impfpflicht bislang nicht für die befürchtete Kündigungswelle in Pflegeeinrichtungen, fast überall seien die Impfquoten hoch. “Es ist zu Personalausfällen gekommen, aber nicht im befürchteten Ausmaß”, sagt die Leiterin der Geschäftsstelle des deutschen Pflegerats, Ute Haas, zu ZDFheute.de.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war im Dezember 2021 beschlossen worden, um besonders verletzliche Menschen etwa in Pflegeheimen besser zu schützen. Seit Mitte März 2022 müssen Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen oder Arztpraxen einen vollen Corona-Impfschutz oder eine Genesung nachweisen. Wer sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen kann, muss das ebenfalls nachweisen. Fehlt der Nachweis, muss der Arbeitgeber das Gesundheitsamt informieren. Das Amt kann den Betroffenen dann verbieten, die Arbeitsstätte zu betreten. Allerdings hakt es bei der Umsetzung der Impfpflicht, Behörden und Einrichtungen klagen über den großen bürokratischen Aufwand. Auch wurden nach dem Scheitern einer allgemeinen Corona-Impfpflicht im April die Rufe lauter, die einrichtungsbezogene Impfpflicht wieder abzuschaffen. Den Beschäftigten in den Krankenhäusern sei nicht vermittelbar, warum sie zur Impfung verpflichtet würden, während die von ihnen betreuten Patienten von den Regelungen nicht erfasst seien, kritisierte etwa die Deutsche Krankenhausgesellschaft im April. Vor kurzem haben mehrere Bundesländer mit Blick auf eine drohende neue Corona-Welle im Herbst gefordert, einen neuen Anlauf für eine allgemeine Impfpflicht ab 60 Jahren zu starten.