Selenskyj will nur mit Putin persönlich reden – Angriffe im Osten

– von Pavel Polityuk und Sabine Siebold und Conor Humphries

Kiew/Davos (Reuters) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert direkte Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Wenn Putin die Realität verstehe, gebe es die Möglichkeit, einen diplomatischen Ausweg aus dem Konflikt zu finden, sagte Selenskyj am Mittwoch beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Die Regierung in Moskau müsse ihre Truppen dorthin zurückziehen, wo sie vor Beginn der Invasion am 24. Februar gestanden hätten. “Das könnte ein erster Schritt hin zu Gesprächen sein.”

Russlands Vize-Außenminister Andrej Rudenko sagte der Agentur Interfax zufolge, sein Land sei bereit, einen humanitären Korridor einzurichten, damit Frachterschiffe mit Nahrungsmitteln die Ukraine verlassen könnten. Voraussetzung dafür sei, dass einige der Sanktionen gegen sein Land aufgehoben würden. “Wir haben immer gesagt, dass eine Lösung des Lebensmittelproblems umfassend angegangen werden muss, dazu gehört das Aufheben von Sanktionen, die gegen die russische Exportwirtschaft und Finanztransaktionen verhängt wurden.”

Zudem müsse die Ukraine die Häfen von Minen befreien, in denen derzeit die Schiffe vor Anker lägen, sagte Rudenko. Die beiden Kriegsparteien werfen sich gegenseitig vor, Seeminen im Schwarzen Meer auszubringen. Der Hafen der weitgehend zerstörten Stadt Mariupol am Asowschen Meer nahm nach russischen Angaben seinen Betrieb wieder auf. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Russland vorgeworfen, Lebensmittel als eine Waffe mit weltweiten Auswirkungen zu missbrauchen.

Weltweit sind die Preise für Lebensmittel zuletzt stark gestiegen. Die Ukraine und Russland gehören weltweit zu den wichtigsten Anbauländern für Weizen, die Ukraine exportiert zudem in großem Stil Sonnenblumenöl. Wegen der russischen Seeblockade können Schiffe ukrainische Häfen am Schwarzen Meer derzeit nicht verlassen. Mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide können deswegen nicht ausgeführt werden.

OFFENSIVE AUF GROSSSTADT SJEWJERODONEZK GESTARTET

Im Osten der Ukraine verstärkte Russland unterdessen seine Angriffe. Nach Angaben des Präsidialamts in Kiew startete das russische Militär eine Offensive auf Sjewjerodonezk. Die Stadt stehe unter anhaltendem Artilleriebeschuss, hieß es. Der Gouverneur der Region Luhansk Serhyj Gayday sagte, dabei seien sechs Menschen getötet worden. Mindestens acht weitere hätten Verletzungen erlitten, die meisten in der Nähe von Bunkern. Reuters konnte die Angaben zu den Kämpfen zunächst nicht verifizieren.

Die Stadt Sjewjerodonezk am Ostufer des Flusses Siwerskyj Donez und ihre Zwillingsstadt Lyssytschansk am Westufer stehen derzeit besonders im russischen Fokus. Das russische Militär rückt von drei Seiten auf die beiden Städte vor und versucht, sie einzukreisen. Vor dem Krieg hatten die beiden Städte zusammen rund 200.000 Einwohner.

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