Shanghai beendet strikten Lockdown – Einige Einschränkungen bleiben

Shanghai (Reuters) – Shanghai hat nach zwei Monaten seinen strikten Corona-Lockdown weitgehend beendet.

Die Menschen der chinesischen Wirtschaftsmetropole strömten am Mittwoch erleichtert auf die Straßen sowie in Busse und Bahnen auf dem Weg zur Arbeit. Jogger, Skateboarder und Hundebesitzer zog es trotz des schwülen Wetters in die Parks. Ladenbesitzer putzten die Schaufenster. “Ich habe meine Freiheit wieder zurückgewonnen”, sagte Student Hang Meichen. “Ich freue mich, weil ich meinen Freund wieder sehen kann”, sagte Dong beim Bier mit diesem. Uneingeschränkte Freude empfinde er jedoch nicht, merkte er an. Die letzten beiden Monate seien für niemanden einfach gewesen.

Trotz der Aufhebung des rigiden Lockdowns bleiben zahlreiche Einschränkungen für die 25 Millionen Einwohner Shanghais bestehen. Der Restaurantbesuch ist weiter untersagt und Geschäfte dürfen nur zu 75 Prozent ihrer Kapazität arbeiten. Sportstätten werden erst zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet. Zahlreiche Firmen riefen ihre Mitarbeiter zudem auf, nur schrittweise in die Büros zurückzukehren. An den Teststationen bildeten sich lange Schlangen, da die Einwohner negative Testergebnisse vorlegen müssen, um öffentliche Verkehrsmittel nutzen und bestimmte Gebäude betreten zu dürfen.

Getrübt wird die Erleichterung von Sorgen vor einem erneuten Ausbruch und einem weiteren Lockdown. Viele Pendler trugen Handschuhe und Gesichtsvisiere. Masken nutzten alle. Polizisten und Beamten trugen Schutzanzüge. Die Menschen gingen zwar wieder in die Einkaufszentren, aber sie beschränkten sich meist auf kleine Vergnügungen wie Bubble Tea und vermieden größere Ausgaben. “Das ist eine Zeit, in der man es genießen sollte, draußen zu sein, aber auch, um sich selbst und sein Geld zu schützen”, sagte Lehrer Yang Zengdong. “Das ist nicht die Zeit, um Geld auszugeben und verschwenderisch zu sein.” Vor einer Coronainfektion fürchte er sich zwar nicht, aber vor einem positiven Testergebnis und der damit verbundenen Quarantäne.

China verfolgt eine strikte Null-Covid-Politik, um größere Ausbrüche um jeden Preis einzudämmen. Die Isolation hatte für chinesische Verhältnisse zu seltenen Protesten in Shanghai geführt. Die Stadtregierung bedankte sich bei den Einwohnern. “Dies ist ein Moment, auf den alle gewartet haben. Wir möchten allen Bürgern Shanghais für ihre Unterstützung und ihren Einsatz danken”, hieß es in einem Brief an die Einwohner, den die Stadt veröffentlichte. “Dank der starken Führung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei mit dem Genossen Xi Jingping an der Spitze, hat der Kampf zur Verteidigung Shanghais nach mehr als zwei Monaten einen bedeutenden Meilenstein erreicht.”

In den sozialen Medien reagierten einige Nutzer euphorisch auf den Brief. Andere forderten stattdessen eine Entschuldigung. “Sollten nicht diejenigen, die über große Macht verfügen und anderen willkürlich Schaden zufügen können, zur Rechenschaft gezogen werden?”, kommentierte ein Nutzer.

Durch den Lockdown wurde die Industrie und die exportorientierte Wirtschaft der Metropole belastet. Das ist bis nach Deutschland zu spüren, denn die Volksrepublik ist der wichtigste deutsche Handelspartner. Außerdem sind etwa 2000 deutsche Unternehmen in der Metropole aktiv. Viele Analysten gehen davon aus, dass die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal schrumpfen wird und erwarten, dass die Erholung ein mühsamer Prozess wird, der stark von der weiteren Entwicklung der Infektionen abhängt. Verbraucher und Unternehmen dürften nur langsam wieder Vertrauen fassen.

(Bericht von Brenda Goh, Jason Xue, geschrieben von Kerstin Dörr und Patricia Weiß. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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