EZB-Direktor – Abkehr von lockerer Geldpolitik soll graduell erfolgen

Frankfurt (Reuters) – Die EZB sollten aus Sicht von Notenbank-Direktor Fabio Panetta die Abkehr von ihrer jahrelangen lockeren Geldpolitik schrittweise vollziehen.

“Angesichts der herrschenden Unsicherheit sollte die Normalisierung graduell geschehen”, sagte Panetta am Freitag in einer Rede. Die Europäische Zentralbank (EZB) beende geldpolitische Maßnahmen, mit denen sie deflationäre Entwicklungen bekämpft habe. Panetta verwies dabei auf die von der Notenbank eingeführten Negativzinsen und die billionenschweren Nettoanleihenkäufe. “Aber darüber hinaus werden weitere Anpassungen unseres geldpolitischen Kurses von der Entwicklung der Inflations- und Wirtschaftsaussichten abhängen.”

Aus Sicht von Panetta gilt es zu vermeiden, dass sich die hohe Inflation festsetzt und zu steigenden Inflationserwartungen führt. Die EZB verfolge die Entwicklung genau. Das Mitglied des sechsköpfigen EZB-Führungsgremiums äußerte sich auch zu den angekündigten Maßnahmen der Notenbank, um eine unerwünschte Ausweitung von Renditeabständen zwischen den Staatsanleihen der Euro-Länder einzudämmen. Solche Schritte stünden nicht im Widerspruch zur Normalisierung der Geldpolitik, sagte Panetta. “Im Gegenteil, dies ist eine notwendige Bedingung dafür, dass wir die Freiheit haben, unsere Haltung nach Bedarf anzupassen, um die Inflation wieder auf zwei Prozent zu bringen.” Die EZB strebt mittelfristig zwei Prozent Inflation an. Zuletzt lag die Teuerungsrate mit 8,6 Prozent weit darüber.

Die Staatsanleihe-Renditen von Italien und anderen stark verschuldeten Länder waren in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Grund dafür ist, dass die Euro-Notenbank ihre Wertpapierkäufe auslaufen lässt und in diesem Monat erstmals seit elf Jahren die Zinsen anheben will. Die höheren Renditeabstände (Spreads) bedeuten steigende Finanzierungskosten für diese Länder. Die EZB plant unter anderem ein neues geldpolitisches Instrument, um im Bedarfsfall gegen eine Ausweitung der Risikoaufschläge von Staatsanleihen einzelner Länder gezielt vorgehen zu können.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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