London (Reuters) – Die Rücktrittswelle in der britischen Regierung hält an.
Nach dem Abgang mehrerer Regierungs- und Parteimitglieder kehrte am Mittwoch auch der Staatssekretär im Familienministerium Will Quince Premierminister Boris Johnson den Rücken. “Mit großem Bedauern muss ich feststellen, dass ich keine andere Wahl habe”, schrieb Quince in seinem an Johnson gerichteten und auf Twitter veröffentlichten Rücktrittsgesuch. Er fühle sich von Johnsons Büro falsch informiert über den Umgang des Premiers mit dem Fall eines konservativen Abgeordneten, dem sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen wird. Quince bedankte sich bei Johnson für ein Treffen am Dienstagabend, bei dem sich der Premier entschuldigt habe.
Am Dienstag hatten Finanzminister Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid ihre Rücktritte erklärt. Auch drei Staatssekretäre kündigten ihre Rücktritte auf sozialen Medien an. Ein Handelsbeauftragter gab ebenfalls seinen Posten ab wie auch ein Vize-Vorsitzender von Johnsons Torys, der seinen Rücktritt live im Fernsehen ankündigte.
Der neu ernannte Finanzminister Nadhim Zahawi stellte sich unterdessen demonstrativ hinter Johnson. Auf die Frage, ob Johnson “100 Prozent ehrlich” sei, sagte Zahawi auf ITV: “Absolut.” Der bisherige Bildungsminister forderte die Konservativen zudem mit Blick auf die Wählerschaft zur Einheit auf. “Alles was ich den Kollegen sagen möchte ist, dass die Leute kein gespaltenes Team wählen”, erklärte der Minister in der BBC. Auf die Frage, ob er vorgezogene Neuwahlen ausschließen könne, sagte Zahawi dem Radiosender LBC: “Der Premierminister wird diese Entscheidung treffen.”
Mit Spannung wurde am Mittwoch der Auftritt Johnsons im Parlament erwartet, wo er in einer wöchentlichen Anhörung den Abgeordneten Rede und Antwort stehen muss. Er muss sich zudem der Befragung von Vorsitzenden einiger Ausschüsse stellen. Bisher hat Johnson einen Rücktritt nach einer langen Reihe von Skandalen und Fehltritten in den Reihen seiner Regierung einen Rücktritt abgelehnt.
(Bericht von Elizabeth Piper, Michael Holden, William James, Farouq Suleiman, geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)