Peking/Berlin (Reuters) – Beim ersten Besuch eines US-Außenministers in China seit fünf Jahren zeichnet sich keine Annäherung in grundsätzlichen Konflikt-Feldern ab. Der chinesische Spitzendiplomat Wang Yi erklärte am Montag nach dreistündigen Gesprächen mit seinem amerikanischen Gast Antony Blinken, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien auf einem Tiefpunkt. Grund dafür sei die falsche Wahrnehmung Chinas durch die USA. Gleichwohl müsse die Abwärtsspirale in den Beziehungen umgekehrt werden. Im Tagesverlauf wurde noch ein Treffen Blinkens mit Chinas Präsident Xi Jinping kurzfristig angesetzt. Am Sonntag hatte der US-Außenminister ein positives Zwischenfazit seiner Reise gezogen und sein Ministerium von einem “offenen, substanziellen und konstruktiven” Austausch in Peking gesprochen.
Die Beziehungen zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften sind wegen politischer und wirtschaftlicher Reibungspunkte zunehmend angespannt. Die staatliche chinesische Zeitung “Global Times” schrieb am Montag in einem Leitartikel, obwohl die Erwartungen an einen Durchbruch durch den Besuch sehr gering seien, gebe es die Hoffnung, dass beide Seiten einen gewisse Basis in ihren Beziehungen aufrecht erhalten könnten. Blinkens Reise war für eigentlich schon Februar geplant gewesen. Wegen eines mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über dem US-Luftraum hatte er sie aber verschoben. Blinken wollte am Montag auch noch mit in China tätigen US-Firmenmanagern etwa aus der Automobil-Branche zusammenkommen.
Chinesischen Staatsmedien zufolge forderte Spitzendiplomat Wang die USA auf, eine Unterdrückung der wissenschaftlichen und technologischen Entwicklung Chinas aufzugeben und sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Mit Blick auf die Insel Taiwan, die China für sich beansprucht, die in ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit aber von den USA unterstützt wird, sagte Wang, für China gebe es hier keinen Platz für Kompromisse oder Zugeständnisse.
Das Treffen wird auch in Deutschland mit Spannung verfolgt. Chinas Ministerpräsident Li Qiang trifft sich am Montagabend mit Bundeskanzler Olaf Scholz, bevor am Dienstag in Berlin Regierungskonsultationen zwischen beiden Ländern geplant sind.
(Bericht von Humeyra Pamuk, Jason Xue, Sophie Yu, Yew Lun Tian, Dominique Patton, Joe Cash, Jeanny Kao und Ben Blanchard. Geschrieben von Ralf Bode, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)





