Berlin (Reuters) – Bundesbank-Chef Joachim Nagel sieht die Europäische Zentralbank bei ihrem Kampf gegen die Inflation auf gutem Weg.
Er sei zuversichtlich, dass die Inflation zum Zielwert der EZB von zwei Prozent zurückkehren werde. “Aber es ist noch eine Wegstrecke bis dahin”, sagte er am Mittwoch auf einer Veranstaltung zu 60 Jahren Sachverständigenrat in Berlin. Die Währungshüter müssten beharrlich bleiben, da auch der Preisauftrieb hartnäckig sei: “Inflation ist für mich wie ein gieriges Biest. Und wir müssen gegen dieses gierige Biest kämpfen”.
Aus Sicht des Bundesbank-Chefs wäre es ein Kardinalfehler, den Kampf zu früh zu beenden. Zugleich betonte er, dass er keine Kreditklemme im Zuge der höheren Zinsen sehe. Die Übertragung der Geldpolitik auf die Wirtschaft laufe in einem normalen Prozess ab. Dabei sei es mit Blick auf die hohe Inflation richtig gewesen, dass die EZB die Konjunkturentwicklung mit ihrem strafferen Kurs gebremst habe.
Nagel hatte jüngst gesagt, dass die Zinsen auch nach der Sommerpause womöglich angehoben werden müssten. Für Juli hat EZB-Chefin Christine Lagarde einen nächsten Schritt bereits signalisiert. Die EZB hatte im vergangenen Sommer mit ihrer geldpolitischen Straffungsserie begonnen und vorige Woche die achte Erhöhung in Folge vollzogen. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit bei 3,50 Prozent – das höchste Niveau seit 22 Jahren.
Die Inflationswelle ist trotz der Serie von Zinserhöhungen jedoch noch längst nicht gebrochen. Die Verbraucherpreise stiegen im Euroraum im Mai binnen Jahresfrist um 6,1 Prozent, nach 7,0 Prozent im April. EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel sieht ein Risiko, dass Lohnsteigerungen den Preisanstieg anheizen und eine schwer zu durchbrechende Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen könnten.
RISIKO EINER LOHN-PREIS-SPIRALE
Sie sagte auf der Festveranstaltung in Berlin, dass gesunde Gewinnmargen den größten Teil des Lohndrucks in diesem Jahr auffangen würden. Es sei jedoch keine Selbstverständlichkeit, dass Firmen höhere Löhne nicht an die Verbraucher abwälzen würden: Es bestehe die Gefahr, dass es zu einer Lohn-Preis-Spirale komme, sagte die EZB-Direktorin. Ein solches Szenario könne dann eintreten, falls die Löhne stärker als erwartet stiegen und überdies auch die Produktivität sich nicht so gut wie von EZB-Fachleuten skizziert berappeln sollte. Daher gelte es, “sehr aufmerksam” zu sein und das Risiko im Auge zu behalten.
Schnabel hatte jüngst darauf verwiesen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) eine klare Empfehlung abgegeben habe: Wenn die Dauer der Inflation ungewiss sei, sprächen Überlegungen zum Risikomanagement für einen strafferen geldpolitischen Kurs. Dieser wirke praktisch wie eine Versicherung gegen die Gefahr, dass sich die Inflation im späteren Verlauf verfestige.
(Bericht von Reinhard Becker. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)











