Berlin (Reuters) – Weniger Handel, geringere Direktinvestitionen, mehr Unsicherheit: Die deutsche Wirtschaft zieht zum siebten Jahrestag des Brexit-Abstimmung in Großbritannien eine negative Bilanz.
“Der Brexit ist ein wirtschaftliches Desaster für beide Seiten des Kanals”, sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. “Das ist die Bilanz nach sieben Jahren Brexit-Referendum.” Am 23. Juni 2016 stimmte eine knappe Mehrheit der Briten für den EU-Austritt ihres Landes, der Anfang 2020 vollzogen wurde.
Ablesen lassen sich die Folgen beispielsweise am Handel zwischen beiden Ländern. 2022 exportierte Deutschland Waren im Wert von 73,8 Milliarden Euro in das Vereinigte Königreich und damit 14,1 Prozent weniger als 2016, dem Jahr des Brexit-Votums. “Während Großbritannien im Jahr 2016 noch drittwichtigster Exportmarkt Deutschlands war, ist das Land im Jahr 2022 auf Platz acht abgerutscht”, sagte Treier. Als Handelspartner – in dieser Bilanz werden Ex- und Importe zusammengezogen – habe das Land seitdem sogar noch mehr an Bedeutung verloren und sei von Platz fünf auf Platz elf abgesackt.
Auch der Bestand deutscher Direktinvestitionen in Großbritannien hat abgenommen. 2021 lag er noch bei rund 140 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 16,1 Prozent im Vergleich zu 2016 entspricht. Ebenso sind dem DIHK zufolge mit 2163 deutschen Unternehmen mittlerweile 5,2 Prozent weniger dort aktiv als 2016. Die Zahl ihrer Beschäftigten sei um drei Prozent auf 415.000 gesunken.
“STANDBEIN IN EU WICHTIG”
Dafür haben sich in den vergangenen Jahren viele britische Unternehmen neu in Deutschland niedergelassen. Die für das Standortmarketing der Bundesrepublik zuständige Germany Trade and Invest (GTAI) zählte seit dem Brexit-Votum mehr als 1000 Neuansiedlungen. Allein im vergangenen Jahr waren es 170 – eine Zahl, die nur von den USA und der benachbarten Schweiz übertroffen wurde. “Wir gehen davon aus, dass die Anfragen aus UK auf hohem Niveau bleiben werden”, sagte GTAI-Geschäftsführer Robert Hermann. “Für britische Unternehmen ist es wichtig, ein Standbein in der EU zu haben.” Für Deutschland spreche dabei die Größe. Auch die zentrale Lage in Europa sei von Vorteil.
“Der EU-Austritt Großbritanniens hat unsere engen Handelsbeziehungen erschwert, weiterhin herrscht erhebliche Planungs- und Rechtsunsicherheit im UK-Geschäft deutscher Unternehmen”, sagte DIHK-Experte Treier. “Zudem besteht die Gefahr von Handelskonflikten zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich fort.” Die EU müsse hier geschlossen und entschlossen die europäischen Wirtschaftsinteressen voranbringen. Insbesondere die britischen Pläne zum Abweichen von EU-Regeln etwa im Datenschutz, bei Lebensmitteln oder in der Chemie seien eine Belastung im UK-Geschäft deutscher Unternehmen.
(Bericht von Rene Wagner. Redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)











