– von Ann Saphir und Gertrude Chavez-Dreyfuss
Washington/Berlin (Reuters) – Die Inflation in den USA ist überraschend wieder auf dem Vormarsch und trübt die Aussichten auf eine rasche Zinswende.
Die Verbraucherpreise stiegen im Februar zum Vorjahresmonat um 3,2 Prozent, nach einer Teuerungsrate von 3,1 Prozent im Januar, wie das US-Arbeitsministerium am Dienstag mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem unveränderten Wert von 3,1 Prozent gerechnet.
“Der erneut starke Anstieg der Verbraucherpreise schockiert. Leitzinssenkungserwartungen geraten ins Wanken. Der Beginn der Zinswende im Juni ist kein Selbstläufer”, meint Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. An den Terminmärkten gilt es allerdings weiterhin als wahrscheinlichstes Szenario, dass der erste Zinsschritt der Notenbank nach unten in diesem Jahr im Juni kommen wird.
Dies wohl auch, weil sich bei dem von der Notenbank stark beachteten zugrundeliegenden Inflationstrend eine leichte Entspannung abzeichnet: Die sogenannte Kernrate, bei der die schwankungsanfälligen Kosten für Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, sank auf 3,8 Prozent von 3,9 Prozent zu Jahresbeginn. Experten hatten allerdings mit einem stärkeren Rückgang auf 3,7 Prozent gerechnet.
Der überraschende Anstieg der US-Inflation brachte den Markt allerdings nicht aus dem Tritt. Die wichtigsten Indizes an der Wall Street eröffneten im Plus. Auch der Dollar-Index rückte kurzzeitig um bis zu 0,4 Prozent vor. Er pendelte sich danach allerdings erneut bei einem knappen Plus ein. Der Euro verlor im Gegenzug 0,1 Prozent. Auch die Anleger am Anleihe-, Energie- und Metallmarkt ließen die Daten weitgehend kalt.
ZINSWENDE VOR JUNI “ENDGÜLTIG VOM TISCH”
Von Januar auf Februar zogen die Verbraucherpreise in den USA wie von Ökonomen erwartet um 0,4 Prozent an. “Die US-Inflation zeigt sich hartnäckiger als noch vor einigen Monaten gedacht”, so auch die Einschätzung von LBBW-Ökonom Dirk Chlench. Er verweist darauf, dass im Februar anziehende Preise für das Wohnen und das Tanken hauptverantwortlich für den Anstieg des Konsumentenpreisindex um 0,4 Prozent im Monatsvergleich waren. Eine Senkung der US-Leitzinsen vor Juni dürfte aus seiner Sicht “nun endgültig vom Tisch sein”. Eine geldpolitische Lockerung dürfte ab dem Juni aber ins Visier der Notenbanker rücken, meint Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank und fügt an: “Erwiese sich der Inflationsrückgang auch in den kommenden Monaten zäher als gedacht, verschiebt sich der Zeitpunkt einer ersten Zinssenkung weiter in die Sommer- und Herbstmonate.”
Die US-Notenbank Federal Reserve stemmt sich mit einer straffen geldpolitischen Linie gegen die Teuerung und strebt einen Wert von zwei Prozent an. Die Inflation habe zwar deutlich nachgelassen, sagte Fed-Chef Jerome Powell jüngst im Kongress. Doch sei es nicht ausgemachte Sache, dass die Teuerungsrate in Richtung des Zielwerts der Notenbank falle. Die Währungshüter benötigten “größere Zuversicht” in einen nachhaltigen Rückgang, bevor sie die Leitzinsen senken könnten.
Nach teils aggressiven Erhöhungen pausierte die US-Notenbank mehrmals und hielt den Leitzins in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent konstant. Auch für den Zinsentscheid am 20. März erwarten Ökonomen keine Veränderung.
(Büro Washington, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Rene Wagner, Zuzanna Szymańska – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)