EU-Kommissar Breton geht im Streit mit von der Leyen – Nachfolger nominiert

Paris (Reuters) – Im Clinch mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wirft der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton das Handtuch.

Er werde nicht mehr als Frankreichs Kandidat für das nächste Exekutivorgan der EU zur Verfügung stehen, teilte Breton am Montag überraschend mit. In Paris reagierte Präsident Emmanuel Macron prompt und schickte den scheidenden Außenminister Stephane Sejourne ins Rennen um einen Posten in der künftigen Kommission. Sejourne gilt als enger Verbündeter Macrons.

In seinem Rücktrittsschreiben erklärte Breton, von der Leyen habe “vor einigen Tagen” Frankreich gebeten, seinen Namen als Kommissionskandidat “aus persönlichen Gründen” zurückzuziehen und im Gegenzug ein “angeblich einflussreicheres Portfolio” angeboten. Von der Leyen ist gerade dabei, ihr neues Team zusammenzustellen, das diese Woche vorgestellt werden soll. Die Europäische Kommission reagierte schmallippig auf den Rückzug des Franzosen. Sie lehnte es ab, die Entscheidung zu kommentieren. Ein Sprecher erklärte vor Journalisten, von der Leyen hoffe noch immer, ihre Personalvorschläge für die neue Kommission am Dienstag präsentieren zu können.

Der 69-jährige Breton galt in den vergangenen fünf Jahren als einer der prominentesten Mitglieder der Kommission. Er machte sich vor allem durch öffentliche Auseinandersetzungen mit dem Tech-Milliardär Elon Musk und seine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Big-Tech-Regulierung der EU, der Corona-Impfstoffbeschaffung und der Bemühungen zur Stärkung der Verteidigungsindustrien einen Namen.

KNATSCH WEGEN KRITIK AN VON DER LEYENS KANDIDATUR

“Angesichts dieser neuesten Entwicklungen, die weiterer Beleg einer fragwürdigen Führung sind, muss ich zu dem Schluss kommen, dass ich meine Pflichten im Kollegium nicht länger ausüben kann”, erklärte Breton. Von der Leyens Büro lehnte eine Stellungnahme zunächst ab. Der französische Kommissar, ein Liberaler, hatte von der Leyen verärgert, indem er ihre Nominierung als Kandidatin der europäischen konservativen EVP-Partei für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin öffentlich kritisierte, wie EU-Diplomaten sagten.

Als zweitgrößtes Mitgliedsland der EU strebt Frankreich einen bedeutenden Posten im neuen Kommissionsteam an. Jeder der 27 EU-Mitgliedstaaten wird einen Sitz am Tisch der Kommission haben, obwohl ihr politisches Gewicht und ihre Bedeutung je nach Portfolio stark variieren. Von der Leyen ist auf dem deutschen Ticket.

(Bericht von Tassilo Hummel, Michel Rose, Bart Meijer, geschrieben von Christian Krämer, Alexander Ratz, Reinhard Becker, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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