Hannover (Reuters) -Das Ringen um milliardenschwere Einsparungen bei Europas größtem Autobauer Volkswagen dauert an. Vorstand und IG Metall setzten ihre Verhandlungen am Mittwochnachmittag in Hannover fort. Von mit den Verhandlungen vertrauten Personen erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters, immer noch seien wichtige Fragen offen. Die beiden Parteien stellten sich auf eine lange Nacht ein. Sollte es nicht gelingen, zu einem neuen Tarifvertrag für die rund 130.000 VW-Mitarbeiter zu kommen, drohen ab Januar Streiks.
Es handelt sich um ungewöhnlich komplexe Verhandlungen: Die Tarifparteien ringen seit Montag in einem Hotel in Hannover nicht nur um die Gehälter für die Mitarbeiter. Volkswagen hatte zusätzlich unter anderem die seit drei Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung sowie mehrere weitere Regelungen etwa zu Auszubildenden gekündigt. Das Unternehmen hatte seinen Sparkurs im September verschärft und pocht auf Einsparungen, um damit nötige Investitionen finanzieren zu können.
Die IG Metall fordert ein Ergebnis, das Sicherheit für Beschäftigte, Familien und die Region schafft. Standortschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen lehnt die Gewerkschaft ab. Das Volkswagen-Management verlangt in dem Konflikt unter anderem eine Lohnkürzung von zehn Prozent und droht mit Werkschließungen. Sollte eine Produktionsstätte in Deutschland geschlossen werden, wäre das ein Novum in der Geschichte des Wolfsburger Autobauers. Der Vorstand verweist auf Überkapazitäten: Finanzchef Arno Antlitz hatte im September gesagt, in Europa würden zwei Millionen Autos weniger verkauft als vor der Pandemie – für Volkswagen bedeute das, dass 500.000 Autos fehlten. Derzeit schwächelt besonders die Nachfrage nach Elektroautos, die von Volkswagen in Emden und Zwickau gebaut werden.
Unterstützt wird der Sparkurs von den Familien Porsche und Piech, die die Mehrheit an dem Konzern halten. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der auch die familieneigene Porsche SE leitet, erklärte vor Beginn der laufenden Verhandlungsrunde am Montag, die Porsche SE-Führung sowie die Familien ermutigten die VW-Führung zu Einsparungen und einer Restrukturierung. “Wir sind davon überzeugt, dass VW in der Lage ist, sein Geschäft anzupassen und sich in diesem herausfordernden Wettbewerbsumfeld zu behaupten.”
Vor Beginn der Gespräche hatte VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo gesagt, sie hoffe auf eine Einigung vor Weihnachten. “Wir wollen nicht mit dieser Angst in die Weihnachtsferien gehen”, sagte sie. Es müsse ein Kompromiss gefunden werden, der sowohl für die Arbeitnehmer als auch für das Unternehmen gut sei. VW-Chefunterhändler Arne Meiswinkel sagte, man dürfe nun keine Zeit mehr verstreichen lassen. VW benötige eine nachhaltige Kostenentlastung. “Nur so können wir in unsere Zukunftsprodukte investieren, deren Erfolg unsere Arbeitsplätze sichern.”
(Bericht von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)