Brände von Los Angeles bedrohen nun auch Hollywood

– von Rollo Ross und Jackie Luna

Los Angeles (Reuters) – Angefacht von orkanartigen Winden haben sich die schwersten Waldbrände in der Geschichte von Los Angeles auch auf Hollywood ausgebreitet.

Die Hollywood Hills oberhalb des Zentrums der US-Filmindustrie brannten am Donnerstag lichterloh, nachdem dort am Mittwochabend der nächste Wald- und Buschbrand ausgebrochen und schnell außer Kontrolle geraten war. Das Sunset Fire wütete direkt über dem Hollywood Boulevard und seinem berühmten Walk of Fame. Auch die beiden noch größeren Brände an den östlichen und westlichen Flanken von Los Angeles breiteten sich in der Nacht weiter aus und waren außer Kontrolle. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben, mehr als 100.000 Einwohner wurden mit Evakuierungsanordnungen angewiesen, sich vor den Flammen in Sicherheit zu bringen. Hunderte Häuser wurden zerstört, auch einige Luxus-Villen von Filmstars wie Billy Crystal und anderen Prominenten fielen den Flammen zum Opfer.

Eine sichelförmige Flammenwand nahm Los Angeles immer stärker in die Zange, wie es auch vom Weltraum aus sichtbar war. Mindestens sechs Waldbrände brannten in der Umgebung der US-Westküstenmetropole. Drei von ihnen waren völlig außer Kontrolle. Bürgermeisterin Karen Bass sprach auf einer Pressekonferenz von dem größten Feuersturm. “Wir stehen vor einer historischen Naturkatastrophe”, sagte der Chef des Zivilschutzes des Los Angeles County, Kevin McGowan. Präsident Joe Biden sagte seine Italien-Reise ab und erklärte die Brandregion zum Katastrophengebiet, um Bundeshilfe zu beschleunigen.

HOLLYWOOD WIE IM KATASTROPHENFILM

Zwar sollte der starke, trockene Wind am Donnerstag etwas abflauen, doch rechneten die Behörden damit, dass die kritischen “Red Flag”-Wetterbedingungen noch bis Freitag anhalten. Die Feuerwehr von Los Angeles ordnete auch für Teile des als Film-Traumfabrik bekannten Stadtteils Hollywood eine Evakuierung an. Betroffen war das Gebiet zwischen dem Hollywood Boulevard im Süden, dem Mulholland Drive im Norden, dem Freeway 101 im Osten und dem Laurel Canyon Boulevard im Westen – alles ikonische Adressen der Film- und Musikindustrie.

In diesem Gebiet befindet sich auch das Dolby Theater, in dem jedes Jahr die Oscars verliehen werden. Die Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen in der nächsten Woche wurde bereits um zwei Tage verschoben, wie die Organisatoren mitteilten. Zwischen den Flammen und dem weltberühmten weißen Hollywood-Schriftzug und dem Griffith-Observatorium weiter oben in den Hügeln lag nur noch der 101 Freeway.

Auf der Westseite von Los Angeles brannte das Palisades-Feuer rund 6406 Hektar und Hunderte Gebäuden in den Hügeln zwischen Santa Monica und Malibu nieder. Es raste den Topanga Canyon hinunter und fraß sich bis zum Pazifik. Schon jetzt zählt es zu den verheerendsten Bränden in der Geschichte von Los Angeles. “Wir sind natürlich untröstlich, aber mit der Liebe unserer Kinder und Freunde werden wir das überstehen”, sagten Filmstar Billy Crystal und seine Frau Janice, als sie bekanntgaben, dass das Haus im Nobelstatdteil Pacific Palisades, in dem sie seit 1979 lebten, durch die Flammen zerstört wurde.

Die prominente Hotelerbin Paris Hilton sagte, sie sei “untröstlich”, nachdem sie live im Fernsehen mitangesehen habe, wie ihr Haus am Strand von Malibu “bis auf die Grundmauern niederbrannte”. Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis sprach auf Instagram von einer “erschreckenden Situation” und postete: “Meine Gemeinde und möglicherweise mein Haus steht in Flammen…. Betet, wenn ihr daran glaubt, und auch wenn ihr es nicht tut, betet für die, die es tun.” Auch andere Prominente wie die Schauspieler James Woods und der Luke-Skywalker-Darsteller Mark Hamill aus den “Star Wars”-Filmen mussten ihre Häuser verlassen und vor den Flammen flüchten.

Auch die deutsche Kulturstätten Villa Aurora und Thomas Mann Haus im Stadteil Pacific Palisades, die Zufluchtsstätten der Schriftsteller Lion Feuchtwanger und Thomas Mann im Exil vor den Nationalsozialisten waren, sind betroffen. “Wir haben erste Anzeichen dafür, dass Teile der Villa Aurora den zerstörerischen Bränden standhalten konnten”, teilten die Betreiber mit. Eine umfassende Schadensbeurteilung stehe noch aus, sodass noch keine abschließende Einschätzung zum Umfang der Schäden an der Bausubstanz, der historischen Einrichtung und der Bibliothek möglich sei. Das Thomas Mann House sei noch unversehrt. Aber dies sei eine Momentaufnahme, da auch das Gebäude sich weiterhin in der Gefahrenzone befinde.

Im Osten wütete das Eaton-Feuer am Fuße der San Gabriel Mountains. Mindestens fünf Menschen kamen dort ums Leben. 4289 Hektar und rund 1000 Gebäude fielen den Flammen zum Opfer.

WASSERVORRÄTE FÜR LÖSCHTEAMS WERDEN KNAPP

Das Ausmaß und die Ausbreitung der Brände brachten die erschöpften Feuerwehr und die Einsatzkräfte an ihre Belastungsgrenze. Feuerwehrleute aus sechs anderen Bundesstaaten wurden als Verstärkung nach Kalifornien beordert, zudem wurden zusätzlich 250 Löschfahrzeuge mit 1000 Einsatzkräften von Nord- nach Südkalifornien verlegt, wie der Feuerwehrchef von Los Angeles County, Anthony Marrone, mitteilte. Neben den starken sogenannten Santa-Ana-Winden macht Wasserknappheit den Löschtrupps zusätzlich zu schaffen, denn in der Region hat es seit Monaten kaum geregnet. Dies führte dazu, dass einige Hydranten in Pacific Palisades zeitweise kein Wasser mehr hatten, wie Einsatzkräfte erklärten. “Wir haben das System bis zum Äußersten belastet. Wir bekämpfen einen Flächenbrand mit städtischen Wassersystemen”, sagte Janisse Quinones, Chefin des städtischen Wasser- und Stromversorgers LADWP.

Biden sagte wegen der katastrophalen Lage seine Reise nach Italien ab. Er wolle sich auf die Leitung der Bundesmaßnahmen zur Bekämpfung der Brände konzentrieren, teilte das US-Präsidialamt mit. Biden wollte eigentlich von Donnerstag bis Sonntag Italien besuchen und dort Präsident Sergio Mattarella, Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Papst Franziskus treffen.

(Mitarbeit von Joe Brock, Matt McKnight, Jorge Garcia und Mike Blake, geschrieben von Christian Götz, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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