New York (Reuters) – Im Kampf um die Führungsposition bei Künstlicher Intelligenz (KI) begrenzen die USA den Export bestimmter Hochleistungschips und der damit zusammenhängenden Technologien.
Uneingeschränkten Zugang erhielten künftig nur noch die 18 engsten US-Verbündeten, teilte das US-Handelsministerium am Montag mit. Hierzu gehörten Deutschland, Japan und Großbritannien. Für rund 120 weitere Staaten würden Ausfuhrquoten eingeführt. Exporte nach China, Russland, Iran oder Nordkorea blieben wie bisher komplett verboten. “Die USA sind derzeit führend bei der KI – sowohl bei der KI-Entwicklung als auch bei der Entwicklung von KI-Chips”, sagte US-Handelsministerin Gina Raimondo. “Es ist wichtig, dass dies so bleibt.”
Wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit verschärfte US-Präsident Joe Biden die Bestimmungen für die Ausfuhr bestimmter Grafikchips (Graphics Processor Units, GPU). Diese sind darauf ausgelegt, zahlreiche Aufgaben parallel zu erledigen – und daher für KI-Anwendungen prädestiniert, bei denen Unmengen von Daten analysiert werden. Außerdem wollen die USA die Software stärker kontrollieren, die aus den verschiedenen Optionen, die eine KI als Antwort auf eine Anfrage anbietet, die beste auswählt. Dieser Entscheidungsalgorithmus gilt als Herzstück jeder KI-Anwendung.
Um den technologischen und militärischen Aufstieg von Staaten wie China zu bremsen, haben die USA die Ausfuhr von Hochtechnologie in den vergangenen Jahren immer weiter eingeschränkt. Es ist zwar unklar, wie die US-Regierung unter Donald Trump, der kommende Woche in seine zweite Amtszeit eingeführt wird, die neuen Regeln umsetzen wird. Trump hatte allerdings bereits während seiner ersten Präsidentschaft einige Beschränkungen angeordnet. Außerdem herrscht in den USA parteiübergreifende Zustimmung für eine härtere Gangart gegenüber China.
HARSCHE KRITIK TROTZ ZAHLREICHER AUSNAHMEN
Bei der Berechnung der Ausfuhrquoten stützen sich die USA auf die Gesamt-Rechenpower, um den Unterschieden verschiedener Prozessortypen Rechnung zu tragen. Die Schwellenwerte seien aber großzügig genug bemessen, um Spitzenforschung oder aufwändige KI-Programme zu betreiben, sagte KI-Experte Divyansh Kaushik von der Beratungsfirma Beacon. Außerdem können große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft oder Google sowie Firmen aus freundlich gesinnten Drittstaaten Ausnahmegenehmigungen erhalten. Allein die drei Ersteren wollen in diesem Jahr jeweils zweistellige Milliardenbeträge in den Aufbau neuer KI-Rechenzentren in aller Welt pumpen. Darüber hinaus werden Bestellungen von Forschungseinrichtungen wegen ihrer meist relativ geringen Stückzahl nicht auf die Länderquoten angerechnet.
Dennoch hagelte es Kritik aus der Technologiebranche. Nvidia sprach von einem “weitreichenden Übergriff”. Das Weiße Haus belege “Technologie, die bereits in Mainstream-Gaming-PCs und Verbraucher-Hardware verfügbar ist”, mit einem Embargo. Zuvor hatte die Cloud-Firma Oracle gewarnt, die Regeln würden “den Großteil des globalen KI- und GPU-Marktes an unsere chinesischen Konkurrenten ausliefern”. Als Reaktion auf das verschärfte Embargo gaben die Aktien von Chipfirmen und Cloud-Anbietern an der Wall Street nach.
KI dient unter anderem zur Entwicklung neuer Medikamente oder zur Verbesserung von Bildungsangeboten. Sie kann aber auch zum Bau biologischer und anderer Waffen sowie für Cyber-Angriffe missbraucht werden. Außerdem kann sie die Überwachung der Bevölkerung vereinfachen. “Die USA müssen sich in den kommenden Jahren auf einen rasanten Anstieg der KI-Fähigkeiten einstellen”, warnte Jake Sullivan, Sicherheitsberater der US-Regierung. Diese Entwicklung werde voraussichtlich weitreichende Folgen für die Wirtschaft und nationale Sicherheit haben.
(Bericht von Karen Freifeld; geschrieben von Hakan Ersen, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)