Peking (Reuters) – Chinas Wirtschaft hat zum Jahresende deutlich zugelegt und hat damit das Wachstumsziel der Regierung für 2024 noch erreicht.
Ein überraschend starker Endspurt von 5,4 Prozent binnen Jahresfrist im vierten Quartal sorgte für einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5,0 Prozent im Gesamtjahr, wie am Freitag aus offiziellen Daten des Nationalen Statistikamtes hervorging. “Regierung und Zentralbank werden die Wirtschaft auch künftig unterstützen müssen, um die Wachstumsrate hochzuhalten”, sagte Bastian Hepperle, Konjunkturexperte bei der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank.
Die Daten fielen kräftiger aus als von Analysten für das Gesamtjahr mit 4,9 Prozent und für das vierte Quartal mit 5,0 Prozent erwartet. “Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier mit der Brechstange das ausgerufene Wachstumsziel von fünf Prozent erreicht wurde”, sagte Cyrus De La Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. China schaffe es mal wieder, sein offizielles Jahresziel für das BIP-Wachstum zu erreichen, sagte auch Analyst Hepperle. “Merkwürdig ist, dass die vorher bekannten Konjunkturdaten die kräftige Aufwärtsrevision der Jahresrate im dritten Quartal nicht hergeben.” Dies sei das fünfte Jahr in Folge, in dem China zu diesem Zeitpunkt eine solch kräftige Aufwärtskorrektur bekannt gebe.
TRUMP-ZÖLLE DÜRFTEN CHINAS WIRTSCHAFT BELASTEN
Doch die reine Wachstumszahl falle besser aus als es sich für die meisten Chinesen anfühlen dürfte, erklärte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. “Zu einer deutlichen Verbesserung der gefühlten wirtschaftlichen Situation kam es nämlich nicht.” Die Immobilienkrise sei immer noch zu spüren, die privaten Haushalte seien stark verunsichert und die chinesische Wirtschaft kämpfe mit strukturellen Schwierigkeiten. “Skeptische Konsumenten, ein angeschlagener Immobilienmarkt und Überkapazitäten lasten auf der gesamtwirtschaftlichen Expansion”.” Ein Risiko blieben auch die vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump geplanten Strafzölle gegenüber China.
2025 dürfte für Chinas Wirtschaft ein schwieriges Jahr werden, sagte Commerzbank-Experte Tommy Wu. Die drohenden US-Zölle und die sinkende Bereitschaft anderer Staaten, chinesische Waren ungebremst ins Land zu lassen, dürften den Exportmotor ins Stottern bringen. “Neue Konjunkturmaßnahmen und eine verbesserte Umsetzung bereits verabschiedeter Maßnahmen scheinen nötig, um das Wachstumstempo beizubehalten.”
“SCHNELLER LAUFEN” FÜR DAS GLEICHE WACHSTUMSZIEL
Andrew Wang, leitender Angestellter eines Unternehmens, das industrielle Automatisierungsdienste für den boomenden E-Autosektor anbietet, sagte, sein Umsatz sei im vergangenen Jahr um 16 Prozent gesunken. Er habe deshalb Stellen abbauen müssen und werde dies wohl bald wieder tun. “Die von China veröffentlichten Daten unterschieden sich von dem, was die meisten Leute wahrgenommen haben”, sagte Wang und verglich den Ausblick mit dem Steigern des Schwierigkeitsgrades auf einem Laufband: “Wir müssen schneller laufen, um dort zu bleiben, wo wir sind.”
Von Oktober bis Dezember kletterte das BIP zum Vorquartal wie erwartet um 1,6 Prozent, nach einem Plus von 1,3 Prozent im Sommer. Das Wachstum von 5,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum war das größte seit Anfang 2023. Chinas Politiker haben seit September 2024 Jahres eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen ergriffen, um das stotternde Wachstum wieder anzukurbeln. Zudem versprachen sie, in diesem Jahr noch mehr zu tun.
(Bericht von Kevin Yao, Mitarbeit: Rene Wagner, geschrieben von Klaus Lauer, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)