Berlin (Reuters) – Die Autobranche in Deutschland fordert angesichts der drohenden US-Zölle nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump bessere Rahmenbedingungen in Europa.
“Wir müssen unsere eigenen Hausaufgaben in Berlin und Brüssel machen”, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Branchenverbandes VDA, am Dienstag. “Starke Wirtschaftspolitik ist die beste Antwort auf die neue US-Administration.” Zugleich sprach sie sich für eine Zusammenarbeit mit Trump aus. Die transatlantische Partnerschaft müsse erweitert werden. Europa würde bei einem Handelskrieg nur verlieren.
Zu den von Trump in Aussicht gestellten Zöllen auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada sagte Müller, der VDA habe wie andere auch bereits im Vorfeld Gespräche geführt. “Die genauen Punkte sind abzuwarten.” Bislang lägen nur Ankündigungen vor, aber keine konkreten Entscheidungen. “Wir hoffen auf weitere Diskussionen zu dem Thema.” Trump hatte bei seiner Amtseinführung den 1. Februar als möglichen Zeitpunkt genannt, ab dem Zölle von 25 Prozent auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada erhoben werden sollten.
Auch die Autobauer Volkswagen und Mercedes-Benz setzen auf Gespräche mit der neuen US-Regierung. Volkswagen erklärte, das Unternehmen blicke mit Sorge auf die von Trump vorgeschlagenen Zölle. “Wir sind der festen Überzeugung, dass offene Märkte eine treibende Kraft für weltweites Wirtschaftswachstum und Wohlstand sind, Innovationen fördern und Chancen für Unternehmen und Gemeinschaften auf der ganzen Welt schaffen.” Mercedes teilte mit, auf verlässliche und stabile politische Rahmenbedingungen angewiesen zu sein. Beide Autobauer verwiesen darauf, dass sie Zehntausende Menschen in den USA beschäftigten.
Für die deutschen Hersteller sind die USA ein großer Absatzmarkt und der wichtigste Exportmarkt mit insgesamt 1,39 Millionen verkauften Fahrzeugen. Nach Angaben des VDA wurden allein aus Deutschland rund 400.000 Fahrzeuge in die USA exportiert, so viele wie in kein anderes Land. Aus Mexiko kommen weitere 336.000 Autos. Entsprechend träfen höhere Einfuhrzölle in die USA die deutschen Autobauer sehr hart, sagte Stefan Reindl, Chef des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. “Kurzfristig ist das auf der Absatzseite eine Klatsche. Mittel- und langfristig werden Automobilhersteller und Zulieferer dort mehr investieren, um die Zölle zu vermeiden.” Angesichts der aktuell kritischen Lage, in der es Arbeitsplatzabbau und Pleiten von Zulieferern gebe, sei das eine einschneidende Veränderung.
DEUTSCHLANDS AUTOMARKT BLEIBT DEUTLICH UNTER VORKRISENNIVEAU
Der Automarkt in Deutschland kommt unterdessen nicht so richtig in Fahrt. Der VDA rechnet für 2025 mit einem Plus von einem Prozent auf 2,8 Millionen Neuwagen. Damit liegt der Absatz in der Bundesrepublik immer noch ein Viertel unter dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Deutlich aufwärts gehen dürfte es jedoch bei Elektroautos: VDA-Chefvolkswirt Manuel Kallweit sagte, hier sei ein Plus von 75 Prozent auf 666.000 verkaufte Autos zu erwarten. Hintergrund sind die schärferen CO2-Vorgaben in der Europäischen Union, welche Autobauer nur durch den Verkauf von mehr Elektrofahrzeugen einhalten können.
Müller forderte die Politik dabei zu mehr Unterstützung auf. Gefordert sei insbesondere die EU-Kommission. “Jeden Tag wird deutlicher, die Ziele sind so nicht mit den notwendigen politischen Maßnahmen und Anreizen unterlegt.” Insbesondere müsse die Politik sich für den Aufbau einer Elektroauto-Ladeinfrastruktur einsetzen. Zudem müssten die Vorgaben flexibler gestaltet werden, um Strafzahlungen zu vermeiden. Der Möglichkeit, sich im sogenannten Pooling mit reinen Elektroauto-Anbietern zusammenzuschließen und so den Strafen zu entgehen, sah Müller kritisch: “Wollen wir wirklich durch Pooling internationale Wettbewerber fördern?”
In der Europäischen Union wurden nach Angaben des europäischen Branchenverbandes ACEA im vergangenen Jahr rund 10,6 Millionen Autos verkauft, das sind 0,8 Prozent mehr als im Jahr davor. Eine Trendwende auf dem Elektroautomarkt lässt jedoch weiter auf sich warten. Besonders in Deutschland brach der Absatz dieser Fahrzeuge nach dem abrupten Aus der Förderung Ende 2023 ein.
(Bericht von Christina Amann, unter Mitarbeit von Ilona Wissenbach und Victoria Waldersee, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)