Berlin (Reuters) – Einen Tag nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten haben Bundesregierung und Oppositionsführer zu einem selbstbewussten Umgang mit Donald Trump aufgerufen.
Trumps Auftritt habe zwar gezeigt, dass er die Welt in den kommenden Jahren “in Atem halten wird”, sagte Kanzler Olaf Scholz am Dienstag auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Aber damit könne man umgehen. “Ohne unnötige Aufgeregtheit und Entrüstung, aber auch ohne auf falsches Anbiedern oder Nach-dem-Mund-Reden”, betonte Scholz. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte im Deutschlandfunk, angesichts des neuen US-Präsidenten sei es besonders wichtig, eine gemeinsame europäische Strategie zu haben. “Und da muss Deutschland eine führende Rolle übernehmen.” Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, man dürfe sich nicht herumschubsen lassen.
Trumps erste Ankündigungen, etwa der Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder die erneute Drohung mit Strafzöllen, waren auf scharfe Kritik gestoßen. “Ich halte es für ein fatales Signal für die Welt”, sagte Habeck bei einer Energiekonferenz. “Ich bin mit einem flauen Gefühl in der Magengrube aufgewacht”, fügte der Grünen-Politiker hinzu. “Das war kein guter Tag für Deutschland, Europa und die Weltgemeinschaft.”
Auch SPD-Co-Chef Lars Klingbeil sprach von einem “schwierigen Balanceakt”, bei dem man herausfinden müsse: “Wo kann man zusammenarbeiten, wo muss man sich auch abgrenzen?” So wie Scholz und Merz verwies er darauf, dass Europa aber mit 450 Millionen Menschen ein riesiger Wirtschaftsraum sei.
Scholz zeigte sich optimistisch, dass eine Zusammenarbeit mit dem neuen US-Präsidenten möglich sein werde und verwies auf seine zwei Telefonate mit Trump. “Zugleich ist doch vollkommen klar: Präsident Trump und seine Regierung werden die Welt in den kommenden Jahren in Atem halten”, sagte er in Davos. Dies betreffe etwa die Energie-, Klima-, Handels- sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. “Aber mit all dem können und werden wir umgehen”, betonte der SPD-Politiker.
Sowohl Scholz als auch Merz forderten als Konsequenz aus der Wahl, dass die Europäer in der Rüstungsindustrie enger zusammenarbeiten sollten. Der CDU-Chef mahnte, dass die Europäer gemeinsam Waffen in den USA einkaufen sollten, um die Preise zu drücken und die Wartung nach Europa zu holen. Scholz sagte, dass Rüstungsfirmen innerhalb von Europa in laufende Entwicklungen etwa von Panzern oder Flugzeugen ohne Probleme einsteigen können müssten.
HABECK: MORALISCHE ÜBERLEGENHEIT BRAUCHT WIRTSCHAFTSERFOLG
Ein Vorbild für Deutschland und Europa könnten die Veränderungen in den USA nicht sein, sagte Habeck. Es gebe dort eine regelrechte Zerstörung auch konservativer Werte. Auf der anderen Seite dürfe man sich nicht auf vermeintlicher moralischer Überlegenheit ausruhen. Man müsse wirtschaftlich erfolgreich sein. Eine neue Regierung dürfe Energie- und Verkehrswende nicht zurückdrehen. “Lassen Sie uns sehen, dass wir vorankommen.”
Zurückhaltend reagierte Habeck auf die Möglichkeit einer Annäherung an die Trump-Regierung, indem mehr US-Flüssiggas importiert werde (LNG). Habeck verwies darauf, dass an den deutschen LNG-Terminals ohnehin mehr als 80 Prozent des Brennstoffs aus den USA kommen. Zudem entschieden in einer Demokratie und Marktwirtschaft der Preis und die Verfügbarkeit über den Einkauf, der von Unternehmen umgesetzt werde. Trump hatte eine starke Förderung der Öl- und Gas-Industrie angekündigt. Die USA sind bereits der größte Erdgas-Exporteur der Welt. Deutschland bezieht etwas über zehn Prozent seines Bedarfs aus den USA.
(Bericht von Andreas Rinke, Markus Wacket; redigiert von ….. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)