– von David Morgan und Jeff Mason und Christian Rüttger
Washington/Berlin (Reuters) – Der neue US-Präsident Donald Trump startet in seine zweite Amtszeit mit einer Flut von Erlassen, die vor allem die Migration eindämmen, Bürokratie abbauen und den Kurs seines Vorgängers Joe Biden zurückdrehen sollen.
Der 78-Jährige legte am Montag in Washington den Amtseid als 47. Präsident der Vereinigten Staaten ab und machte sich gleich an die Umsetzung zahlreicher Ankündigungen. So ordnete er den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und der Weltgesundheitsorganisation WHO an. Statt Elektromobilität und umweltfreundlicher Energien soll künftig wieder mehr Öl und Gas gefördert werden. Zudem begnadigte Trump etwa 1500 Anhänger, die am Sturm auf das Kapitol am 06. Januar 2021 beteiligt waren.
“Das Goldene Zeitalter von Amerika beginnt genau jetzt”, versprach Trump in seiner Antrittsrede im Kuppelsaal des Kapitols, die Züge einer Abrechnung mit Bidens Regierung und einer Warnung für alle trug, die seinen Kurs nicht mittragen. Er werde die USA nach Jahren des Niedergangs so stark machen wie nie zuvor. “Für amerikanische Bürger ist der 20. Januar 2025 der Tag der Befreiung.” Amerika werde bald wieder größer und stärker sein. Trump erinnerte an das Attentat auf ihn im Juli, bei dem er nur leicht verletzt wurde. Er sei überzeugt, dass es dafür einen Grund gebe: “Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder groß zu machen.”
Im Kampf gegen die irreguläre Migration kündigte Trump die konsequente Abschiebung von Einwanderern ohne Aufenthaltsberechtigung an. Im Grenzgebiet zu Mexiko soll der nationale Notstand ausgerufen, weitere Streitkräfte sollen dorthin entsendet werden. Drogenkartelle will er als Terrororganisationen einstufen. Programme zur Förderung von Diversität werden gestrichen, künftig sollen nur noch die Geschlechter Mann und Frau akzeptiert werden. Trump will den Mars erobern, den Panamakanal “zurückholen” und den Golf von Mexiko in den “Golf von Amerika” umbenennen.
ZÖLLE GEGEN MEXIKO UND KANADA AB 1. FEBRUAR
Während der etwa einstündigen Sitzung im Weißen Haus beklagte Trump auch das Handelsdefizit mit der Europäischen Union. Das werde ins Lot gebracht, kündigte er an. Dies könne entweder durch US-Zölle geschehen oder wenn die Europäer mehr Öl und Erdgas aus den USA kauften. Konkrete Maßnahmen kündigte er aber noch nicht an. Von höheren Einfuhrzöllen der USA wäre vor allem Deutschland als große Exportnation betroffen. Mit Blick auf neue Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada zielt Trump nach eigenen Worten auf den 1. Februar als möglichen Zeitpunkt ab, dabei nannte er eine Marke von über 25 Prozent.
Auch zur Außenpolitik äußerte sich der neue Präsident während der Unterzeichnung weiterer Erlasse vor anwesenden Journalisten. Er habe kein Vertrauen in die Feuerpause im Gazastreifen. Zum Ukraine-Krieg erklärte Trump, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wolle ein Abkommen erzielen. Das russische Staatsoberhaupt Wladimir Putin wiederum zerstöre sein eigenes Land, weil er keine Vereinbarung schließe. Ein Termin für ein Treffen mit Putin steht nach Trumps Aussage noch nicht fest.
An der Amtseinführung nahmen auch zahlreiche Wirtschaftsbosse teil, darunter der Trump-Berater und reichste Mann der Welt, Tesla-Chef Elon Musk. Es ist Trumps zweite Amtszeit nach 2017 bis Anfang 2021. Er ist wegen Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin der erste verurteilte Straftäter, der Präsident wurde. Da seine Republikanische Partei bei der Wahl im November sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus eine Mehrheit erzielte, kann Trump sein Programm wohl relativ reibungslos realisieren. Seine Erlasse kann er allerdings auch ohne Zustimmung des Kongresses umsetzen.
“SCHWIERIGER BALANCEAKT”
Migranten, die in Mexiko an der Grenze darauf warteten, in die USA gelassen zu werden, bekamen die Folgen unmittelbar zu spüren. Ihnen wurden bereits erteilte Termine zur Asylbeantragung kurzfristig gestrichen. Trump kündigte zudem die Entlassung von über 1000 von Ex-Präsident Biden ernannten Regierungsmitarbeitern an. Sein Team arbeite derzeit daran, Personen auszumachen, die nicht mit seiner Vision übereinstimmten, Amerika wieder groß zu machen, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.
Die Reaktionen in Deutschland waren zunächst verhalten. SPD-Co-Chef Lars Klingbeil erwartet einen “schwierigen Balanceakt” in den Beziehungen zu Washington. Trump habe mit seinen Äußerungen irritiert, sagte Klingbeil am Dienstagmorgen im ZDF. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisierte im Deutschlandfunk die Veröffentlichung einer Trump-kritischen Depesche des deutschen Botschafters in Washington, über die Reuters am Wochenende exklusiv berichtet hatte. “Für das Ansehen der Bundesregierung in Washington ist das ein großer Schaden. Von dieser Bundesregierung wird in Washington so schnell keiner mehr einen Gesprächspartner finden”, sagte Merz.
(Weitere Reporter: Joseph Ax, Gabriella Borter, geschrieben von Christian Rüttger und Alexander Ratz. Redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)