Scholz und Macron beschwören wegen Trump Europas Einheit

Paris (Reuters) – Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben vor einem Treffen in Paris die europäische Einheit gegenüber dem neuen US-Präsidenten Donald Trump beschworen.

“Europa wird sich nicht ducken und verstecken, sondern ein konstruktiver und selbstbewusster Partner sein”, sagte Scholz am Mittwoch. “Unsere Haltung ist dabei eindeutig. Europa ist ein großer Wirtschaftsraum mit rund 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Wir sind stark. Wir stehen zusammen”, betonte er. Macron sagte, dass nach dem Amtsantritt Trumps das deutsch-französische Tandem seine Rolle wahrnehmen müsse, die EU zu konsolidieren, damit Europa “geeint, stark und souverän bleibt.” Dabei betonte er in Anspielung auf Länder wie Großbritannien, dass dies über die EU hinaus gehen müsse.

Man müsse die transatlantische Verbindung pflegen, aber auch die eigenen Interessen und Werte verteidigen, fügte Macron hinzu. “Die Priorität der Europäer muss heute mehr denn je … darin bestehen, dass wir die Wettbewerbsfähigkeit, den Wohlstand und die Sicherheit stärken, um auch unsere Demokratien zu stärken und unser Wirtschafts- und Sozialmodell aufrecht zu erhalten”, sagte der französische Präsident in Abgrenzung zu Trumps politischen Vorstellungen.

Beide Politiker treffen sich mitten im deutschen Bundestagswahlkampf am 62. Jahrestag des Elysée-Vertrages von 1962, der die Grundlage der deutsch-französischen Beziehungen in der Nachkriegszeit begründete. Macron sagte, dass Scholz bereits Anfang Februar zu einem Sondergipfel zur Künstlichen Intelligenz wieder nach Paris kommen werde.

Beide forderten die EU-Kommission auf, die Schwerpunkte richtig zu setzen. Auf drohende US-Strafzölle auf europäische Waren ging Scholz nicht ein, er forderte die EU-Kommission aber auf, europäischen Stahl zu schützen. Trump hatte in seiner ersten Amtszeit die Zölle für die Einfuhr von in Europa produziertem Stahl erhöht. Macron nannte etliche Gebiete, in denen die EU vorangehen müsse, um ihre Souveränität zu sichern. “Wir müssen dafür bestimmte kritische Sektoren unterstützen, Automobilindustrie, Stahlindustrie, Chemieindustrie”, forderte er. Es sei auch “sehr dringend”, Investitionen in Bereiche wie KI, Quantencomputern, Biotech, Energie, Raumfahrt und Verteidigungsindustrie möglich zu machen.

Scholz wiederum forderte die EU-Kommission auf, Unternehmen schnellstmöglich von bürokratischen Lasten befreien. “Konkret sollte dafür die nächste Stufe der Nachhaltigkeits-Berichterstattung für zwei Jahre ausgesetzt werden und die Zahl der Berichtspunkte muss reduziert werden”, sagte er. Die EU-Kommission solle zudem auf Strafzahlungen für Autokonzerne verzichten, die die CO2-Emissionszielmarken nicht erreicht haben. Die Unternehmen sollten das Geld lieber in die Weiterentwicklung der E-Mobilität stecken, Deutschland und Frankreich müssten ihre Zusammenarbeit im Bereich der Verteidigung und Rüstung. Dort seien noch mehr Projekte möglich.

Streitthemen zwischen beiden Ländern wurden in den Statements nicht angesprochen. Fragen waren vor dem Mittagessen von Scholz und Macron nicht zugelassen. So dringt der Kanzler etwa darauf, dass Frankreich die nötige Ratifizierung des EU-Mercosur-Freihandelsabkommens mit südamerikanischen Staaten nicht blockiert – gerade mit Blick auf die protektionistische Haltung des neuen US-Präsidenten. Macron sagte dazu nur, dass es nötig sei, dass die Europäer Unternehmen und auch Landwirte schützen müsse, “damit sie in einem Umfeld des fairen Wettbewerbs sich weiterentwickeln können, in einem internationalen Umfeld, das immer brutaler und enthemmter wird”.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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