Washington/Davos/Berlin (Reuters) – Von möglichen US-Sonderzöllen bedrohte Staaten sollten nach Einschätzung der Welthandelsorganisation nicht überreagieren.
“Lasst uns entspannt bleiben”, sagte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala am Mittwoch beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Zwar gebe es nachweislich immer mehr Protektionismus auf der Welt. Der Handel sei aber robust und werde zu rund 80 Prozent auch nach WTO-Regeln abgewickelt. Man sollte jetzt nichts überstürzen. Ein Handelskrieg würde am Ende für alle sehr teuer werden.
Der neue US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstagabend seine Drohung bekräftigt, auch gegen die EU Strafzölle verhängen zu wollen. “Die Europäische Union ist sehr, sehr schlecht zu uns”, sagte der Republikaner in Washington vor Journalisten. Er warf den Europäern vor, im Grunde keine Autos und keine landwirtschaftlichen Produkte aus den USA zu kaufen. Die EU und andere Länder hätten gegenüber den USA Handelsüberschüsse, die besorgniserregend seien. “Also werden sie mit Zöllen rechnen müssen. Das ist der einzige Weg, wie man Fairness bekommt.” Mit Spannung wird erwartet, ob er das Thema am Donnerstag erneut aufgreift. Dann soll er digital in Davos zugeschaltet werden.
Die Bundesregierung strebt weiter gute Handelsbeziehungen zu den USA an. Zölle und Gegenzölle würden beiden Seiten schaden, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin. Eine solche Spirale müsse unbedingt vermieden werden. Es gelte, durch Gespräche andere Lösungen zu finden. Zölle seien kein Booster für die Wirtschaft. Entsprechende Drohungen aus den USA sehe die Bundesregierung mit Sorge.
Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sieht Trumps Vorgehen kritisch. Dies sei angesichts einer bereits jetzt nahezu ausgelasteten Wirtschaft ein fragwürdiger Ansatz, sagte sie dem Sender CNBC. Die US-Wirtschaft laufe im Moment “geradezu heiß”. Die Arbeitslosigkeit sei niedrig und die Kapazitäten seien begrenzt. Daher würde der Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten geraume Zeit in Anspruch nehmen.
ZEHN PROZENT AUF IMPORTE AUS CHINA
Zölle sind ein Kernelement von Trumps Wirtschaftsagenda. Schon während seiner ersten Amtszeit, die von 2017 bis Anfang 2021 dauerte, entfachte er langwierige Handelskonflikte mit anderen Staaten, allen voran China, aber auch der EU. Die Volksrepublik hat er auch diesmal besonders ins Visier genommen, wie auch die US-Nachbarn Kanada und Mexiko. Aber auch die EU rückt offensichtlich zunehmend in seinen Fokus.
Hinsichtlich China sagte Trump, seine Regierung diskutiere derzeit Strafzölle in Höhe von zehn Prozent. Er begründete dies damit, dass “sie Fentanyl nach Kanada und Mexiko schicken”. Durch die synthetische Droge und andere Opioide kommen in den USA jedes Jahr Abertausende Menschen ums Leben. Bereits am Montag, dem Tag seiner Amtsübernahme, drohte Trump Kanada und Mexiko mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent, falls diese nicht gegen den Schmuggel von Fentanyl und illegale Grenzübertritte vorgehen würden. Er setzte eine Frist bis zum 1. Februar.
Eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums erklärte, die Volksrepublik sei bestrebt, stabile und nachhaltige Beziehungen zu den USA zu fördern. “Wir glauben immer, dass es in einem Handels- oder Zollkrieg keinen Gewinner gibt.” China sei willens, die Kommunikation mit den USA aufrecht zu halten, um “Differenzen angemessen zu behandeln und eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit auszubauen”. Die Sprecherin fügte hinzu, dass China seine nationalen Interessen stets entschlossen wahren werde.
(Bericht von David Lawder, Andrea Shalal, Christian Rüttger, Reinhard Becker und Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)