Merz will Außen- und Europapolitik neu ausrichten

Berlin (Reuters) – Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat für den Fall eines Wahlsiegs eine Neuausrichtung der deutschen Außen- und Europapolitik angekündigt.

Sie solle durch die Beendigung des Streits in einer neuen Regierung und durch einen Nationalen Sicherheitsrat im Kanzleramt klarer und verlässlicher werden, sagte Merz am Donnerstag in einer außenpolitischen Rede bei der Körber-Stiftung in Berlin. Er forderte höhere Verteidigungsausgaben und eine engere Rüstungszusammenarbeit in Europa. Die gemeinsame Finanzierung über europäische Verteidigungsanleihen lehnte der CDU-Politiker aber ab.

Merz sprach von einem “Epochenbruch” durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Mit Blick vor allem auf China und Russland sagte er: “Wir sehen uns nicht mehr und nicht weniger als einer revanchistischen, anti-liberalen Achse von Staaten gegenüber, die den Systemwettbewerb mit den liberalen Demokratien offen sucht.” Man erlebe eine Erosion der Prinzipien der liberalen, regelbasierten internationalen Ordnung.

Dafür müsse man sich wappnen, auch durch eine engere Zusammenarbeit in Europa und den Versuch, auch mit dem neuen US-Präsidenten Donald Trump eng zusammenzuarbeiten. Er wiederholte seine optimistische Einschätzung, dass Trump zur Nato stehe und auch die Souveränität Grönlands achten werde. “Wenn nicht, dann werden wir mit ihm darüber ernsthaft reden müssen.” Merz wiederholte, dass er als Kanzler den USA eine positive Agenda mit einem neuen transatlantischen Freihandelsabkommen anbieten würde.

Mit Blick auf China warnte Merz deutsche Unternehmen, dass sie nicht darauf bauen könnten, dass die Regierung sie vollkommen absichere. Es komme nicht infrage, dass Unternehmen bewusst das Risiko von Investitionen in China suchten, und der Staat dann anschließend Schäden sozialisieren müsse. “Dies ist kein Rechtsstaat nach unseren Maßstäben”, sagte Merz. Unternehmen müssten “mit größeren Verwerfungen rechnen”.

Zugleich versprach er der Ukraine anhaltende Unterstützung auch nach einem Regierungswechsel “mit allen nötigen” Mitteln, ohne sich festzulegen, was dies bedeuten könnte. Zu Russland sagte er: “Unsere eigene Sicherheit ist nicht nur abstrakt, sondern akut bedroht durch das geografisch größte Land der Erde.”

Der CDU-Vorsitzende kündigte eine Reihe von organisatorischen Veränderungen für den Wahl eines Wahlsiegs bei der Bundestagswahl am 23. Februar an. So wolle er die deutsche Entwicklungshilfe stärker an Konditionen knüpfen und sie zum Instrument zur Förderung strategischer Interessen machen. “Um es ganz deutlich zu sagen: Ein Land, das seine ausreisepflichtigen Staatsangehörigen nicht zurücknimmt, kann künftig keine Entwicklungsgelder mehr erhalten. Wenn ein Land ein zwielichtiges Verhältnis zu Terrorismus hat, kann es keine Entwicklungsgelder mehr erhalten”, sagte er.

Seine Absicht, im Kanzleramt einen Nationalen Sicherheitsrat einzurichten, dürfte vor allem im Auswärtigen Amt und bei möglichen Koalitionspartnern auf Widerstand stoßen. Der öffentliche Streit der vergangenen Jahre in der Ampel habe aber dazu geführt, “dass weder unsere Partner noch unsere Widersacher wussten, wo Deutschland an den Weggabelungen internationaler Politik steht”, sagte Merz. Der Nationale Sicherheitsrat solle deshalb eine “strategische Kultur in der Außen-, Sicherheits-, Entwicklungs- und Europapolitik” entwickeln. Das Bundeskanzleramt werde sich bei den wesentlichen europapolitischen Fragen künftig wieder stärker engagieren. “Es ist die Aufgabe des Bundeskanzlers, sicherzustellen, dass Meinungsverschiedenheiten in seinem Kabinett intern ausgetragen und Entscheidungen dann gemeinsam nach außen vertreten werden”, fügte er hinzu.

Er werde von seinen Ministerinnen und Ministern zudem verlangen, dass sie an den EU-Räten in Brüssel teilnehmen. Hintergrund ist die Kritik der Union, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nicht an Sitzung des EU-Binnemarktrates teilgenommen hat. Merz schlug vor, zur Festigung der Beziehungen mit Polen 2026 einen deutsch-polnischen Freundschaftsvertrag zu unterzeichnen.

Wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) ist er dafür, dass die EU künftige Freihandelsverträge auf Handelsaspekte begrenzt, damit diese nicht mehr von den 27 Nationalstaaten ratifiziert werden müssen. Merz sprach Israel zudem die volle Unterstützung aus. Eine von ihm geführte Regierung würde den seiner Meinung nach existierenden “de facto” Rüstungstopp aufheben und Israel mit Waffen versorgen, die das Land für seine Selbstverteidigung brauche. Er regte zudem “eine dauerhafte europäische Marinebasis im Indo-Pazifik” an.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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