(neu: Hisbollah, Details)
Jerusalem (Reuters) – Die israelische Armee zieht nicht wie in der Waffenruhe mit der radikal-islamischen Hisbollah vereinbart bis Sonntag aus dem Libanon ab.
Die Armee werde die Frist von 60 Tagen nicht einhalten, da das Abkommen von libanesischer Seite nicht vollständig umgesetzt worden sei, erklärte das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag. Diese Frist läuft am Sonntag um 04.00 Uhr (Ortszeit, 03.00 Uhr MEZ) ab. Der Abzug des israelischen Militärs sei “davon abhängig, dass die libanesische Armee im Südlibanon stationiert wird und das Abkommen vollständig und wirksam durchsetzt, während sich die Hisbollah über den Fluss Litani zurückzieht”. Da das Abkommen vom libanesischen Staat noch nicht vollständig umgesetzt worden sei, werde der schrittweise Rückzugsprozess in Absprache mit den Vereinigten Staaten fortgesetzt. Wie viel länger israelische Soldaten im Südlibanon bleiben sollen, ließ Netanjahus Büro offen. Von der libanesischen Regierung gab es zunächst keine Stellungnahme, ebenso wenig von den USA. Ein Hisbollah-Vertreter verwies auf eine Erklärung vom Donnerstag, in der ein Verstoß gegen die Vereinbarung als inakzeptabel bezeichnet worden war.
Die Waffenruhe war unter Vermittlung der USA und Frankreichs im November vereinbart worden, um nach mehr als einem Jahr die erbitterten Kämpfe zwischen Hisbollah und Israel zu beenden. Im Rahmen des Abkommens sollen die israelischen Truppen binnen 60 Tagen aus dem Libanon abziehen. Die Hisbollah-Kämpfer sollen sich aus dem Süden des Libanons in den Norden bis hinter den Fluss Litani zurückziehen. Für die Sicherheit in dem so entstehenden etwa 30 Kilometer breiten Korridor zur Grenze zu Israel sollen das reguläre libanesische Militär und die UN-Friedenstruppe Unifil sorgen.
HISBOLLAH: JEDE VERZÖGERUNG IST VERSTOSS GEGEN VEREINBARUNG
Bereits am Donnerstag hatte Israel mitgeteilt, die Bedingungen der Waffenruhe würden nicht rasch genug erfüllt, es gebe noch viel zu tun. Die Hisbollah hatte daraufhin erklärt, es seien Informationen durchgesickert, wonach Israel seinen Abzug über die 60-tägige Frist hinaus verschieben würde. Jeder Verstoß gegen die Vereinbarung sei inakzeptabel. Jede Verzögerung über die 60 Tage hinaus wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Abkommen, dem zufolge der libanesische Staat “mit allen durch internationale Chartas garantierten Mitteln und Methoden” vorgehen müsse, um libanesisches Land “aus den Fängen der Besatzer” zurückzugewinnen.
Das am 27. November in Kraft getretene Abkommen beendete die Kämpfe zwischen Israel und der Hisbollah, die sich im Krieg im Gazastreifen zwischen der israelischen Armee und der Hamas solidarisch mit der radikalen Palästinenser-Organisation erklärt hat. Die Hisbollah hatte vor allem den Norden Israels unter anderem mit Raketen beschossen, Zehntausende Bewohnerinnen und Bewohner mussten ihre Häuser verlassen. Im Zuge der israelischen Angriffe auf den Libanon wurden dort mehr als 1,2 Millionen Menschen vertrieben. Nicht nur der Südlibanon, wo die Hisbollah ihre Hochburgen hat, auch die Hauptstadt Beirut wurden von Israel immer wieder angegriffen. Zudem waren israelische Bodentruppen in den Südlibanon eingerückt.
Das israelische Militär tötete gezielt etliche Führungspersönlichkeiten der Hisbollah, die im Libanon nicht nur Miliz, sondern auch politische Partei ist und vom Iran unterstützt wird. Unter den Getöteten ist Hassan Nasrallah, der bis zu seinem Tod im September jahrzehntelang Generalsekretär der Hisbollah war. Die Hisbollah und die Hamas gehören wie Milizen im Irak und in Syrien sowie die Huthi-Rebellen im Jemen der vom Iran geführten sogenannten Achse des Widerstandes an.
(Bericht von: Jana Choukeir, James Mackenzie, Sabine Ehrhardt, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)