Berlin (Reuters) – Die Wirtschaft der Euro-Zone hat zu Jahresbeginn erstmals seit dem vergangenen Sommer wieder ein kleines Wachstum geschafft – und verdankt dies vor allem Impulsen aus Deutschland.
Der Einkaufsmanagerindex für Januar stieg überraschend kräftig um 0,6 auf 50,2 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global am Freitag zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 4200 Firmen mitteilte. Das Barometer lag erstmals seit August über der Marke von 50, ab der es Wachstum signalisiert. “Nach zwei Monaten Schrumpfung ist die Wirtschaft im Euroraum wieder auf einen vorsichtigen Wachstumspfad zurückgekehrt”, sagte Chefvolkswirt Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank, der Sponsorin der Umfrage. “Deutschland spielt bei der Konjunkturerholung der Euro-Zone eine wichtige Rolle.” Die französische Wirtschaft hingegen verharre wie Ende 2024 im Rezessions-Bereich.
Es könnte sich eine “leichte konjunkturelle Erholung am Horizont abzeichnen”, erklärte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank, warnte aber vor Strohfeuern. Die Wirtschaft in den 20 Euro-Ländern könne im Jahresverlauf wegen geringerer Inflation und der Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) etwas schneller wachsen, wobei Investitionen zum größten Unsicherheitsfaktor gehörten. “Handelsstreitigkeiten mit den USA einhergehend mit Strafzöllen könnten die Investitionslaune und damit den gesamten Konjunkturverlauf weiter belasten.”
Auch Chefvolkswirt Daniel Hartmann vom Vermögensverwalter Bantleon sieht in den Januar-Daten “zweifellos noch keinen Anlass, um in Euphorie zu verfallen”. Aber die konjunkturelle Erholung in der Euro-Zone dürfte 2025 schrittweise an Breite gewinnen. “Hinzu kommt, dass die ersten Signale von Donald Trump im Hinblick auf den Handelskonflikt mit den Europäern einen versöhnlichen Grundton aufweisen.” Vieles deute darauf hin, dass es am Ende zwischen EU und USA zu einem Deal kommen könnte, indem sich die Europäer zu höheren Einkäufen – etwa von Energie und Rüstungsgütern – verpflichteten und im Gegenzug die USA unter ihrem neuen Präsidenten Trump auf die angedrohten Importzölle verzichten könnten.
INDUSTRIE ÜBERRASCHT POSITIV
Für die Verbesserung des Einkaufsmanagerindex sorgte allein die seit langem schwächelnde Industrie im Währungsraum. Hier stieg das Barometer unerwartet stark um 1,0 auf 46,1 Punkte, blieb aber noch deutlich unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern. Die Dienstleister setzten ihr leichtes Wachstum fast unvermindert fort. Das Barometer für die Service-Branche sank allerdings minimal um 0,2 auf 51,4 Punkte.
Auch Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer sprach von einem hoffnungsvollen Start ins neue Jahr. “Offenbar beginnt sich dieser wichtige Frühindikator für die Konjunktur im Euroraum auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren.” Die Wirtschaft dürfte sich nach einem schwierigen Winterhalbjahr ab Frühjahr etwas beleben – auch wegen der Zinssenkungen der EZB. “Für 2025 erwarten wir ein moderates Plus von 0,8 Prozent.”
In Deutschland verhalfen die Dienstleister der Wirtschaft am Jahresanfang zu einem Mini-Wachstum. Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft – Industrie und Service-Branche zusammen – stieg im Januar stärker als erwartet um 2,1 auf 50,1 Punkte, wie S&P Global mitteilte. Damit lag das Barometer sogar erstmals seit sechs Monaten minimal über der 50-Punkte-Marke. Die Umfrage lasse hoffen, “dass Deutschland die Rezessionsphase hinter sich lassen kann”, sagte HCOB-Experte de la Rubia.
“Die Unternehmen haben auch aufgehört, Stellen abzubauen und haben zum ersten Mal seit Juni letzten Jahres sogar wieder Personal eingestellt”, sagte de la Rubia zu den deutschen Dienstleistern. Deren Barometer stieg um 1,3 auf 52,5 Punkte und erreichte ein Sechs-Monats-Hoch.
(Bericht von Klaus Lauer, Sabine Ehrhardt – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)