“Deutsche Bank 3.0” – Sewing verordnet Bank weiteren Umbau

Düsseldorf (Reuters) – Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing nimmt nach den Aufräumarbeiten der vergangenen Jahre die nächste Etappe in Angriff: Mit einem Programm “Deutsche Bank 3.0” will er den deutschen Branchenprimus weiter auf Gewinn und Wachstum trimmen. “Unsere Ziele für 2025 sind nur ein Zwischenschritt für uns”, sagte Sewing am Donnerstag auf der Bilanz-Pressekonferenz in Frankfurt. Künftig könnten Bereiche, die nicht ausreichend wirtschafteten, zur Disposition gestellt werden. “Denkverbote gibt es für uns nicht”, betonte er. Im abgelaufenen Jahr gab die Deutsche Bank 1,7 Milliarden Euro aus, um Rechtsstreitigkeiten – etwa um die Postbank-Übernahme – zu den Akten zu legen und ihre Bilanz zu bereinigen. Das lastete auf dem Gewinn, der unter dem Strich um 36 Prozent auf 2,7 Milliarden einbrach.

Analysten hatten zwar mit höheren Belastungen gerechnet, aber dennoch erwartet, dass etwas mehr Gewinn übrigbleibt. Die Branchenexperten der Bank RBC bezeichneten die Zahlen als enttäuschend. Vor allem die Kosten hätten sich schlechter entwickelt als angenommen. Deutsche-Bank-Aktien verloren zeitweise mehr als vier Prozent. Händler sprachen auch von Gewinnmitnahmen. Seit Jahresbeginn haben die Papiere rund 17 Prozent an Wert gewonnen.

PLAN FÜR NÄCHSTE ETAPPE IM LAUFE DES JAHRES

Sewing sagte, 2024 sei ein wichtiges Übergangsjahr. “Wir haben immer gesagt, dass 2025 für uns entscheidend werden wird. Am Ende dieses Jahres werden wir daran gemessen, ob wir mit unserer Transformations- und Wachstumsstrategie erfolgreich waren”, schrieb er in einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im vergangenen Jahr verschlechterte sich die in der Branche viel beachtete Aufwand-Ertrag-Relation auf 76 (Vorjahr: 75) Prozent. Ohne die Kosten für juristische Auseinandersetzungen hätte sie bei 71 Prozent gelegen.

Für das laufende Jahr ist die Deutsche Bank hier weniger ehrgeizig und peilt eine Aufwand-Ertrag-Relation nur noch von unter 65 Prozent an, anstelle des ursprünglichen Ziels von unter 62,5 Prozent. Aber auch das ist noch ein weiter Weg. Ebenso wie bei der Eigenkapitalrendite: Hier bekräftigte Sewing das Ziel von zehn Prozent in diesem Jahr – im vergangenen Jahr lag sie bei 4,7 Prozent, ohne Kosten für die Rechtsstreitigkeiten bei 7,1 Prozent. Die Erträge stiegen 2024 um vier Prozent auf knapp über 30 Milliarden Euro. 2025 sollen es rund 32 Milliarden Euro werden.

Die Aktionäre sollen zudem eine Dividende von 0,68 Euro je Aktie erhalten, nach 0,45 Euro je Anteilsschein im Jahr zuvor. Zudem billigte die Banken-Aufsicht einen Rückkauf von Aktien in einer Höhe von 750 Millionen Euro. Die Kapitalausschüttungen an die Aktionäre sollten weiter steigen, stellte Sewing in Aussicht. Auch bei den zehn Prozent Rendite will der Chef von Deutschlands größtem Geldhaus nicht aufhören. Die Bank arbeite an neuen Plänen, um Erträge sowie Effizienz und damit die gesamte Profitabilität zu verbessern, kündigte er an. Das könnte auch Auswirkungen auf Arbeitsplätze haben: Hierarchien sollten gestrafft werden. In die Karten ließ sich Sewing aber nicht nicht schauen: Einen detaillierten Plan für diese nächste Etappe will er im Laufe des Jahres vorlegen.

SEWING: HABEN ALTLASTEN HINTER UNS GELASSEN

Sewing sprach mit Blick auf die milliardenschweren Rechtskosten davon, “dass wir nun Altlasten hinter uns gelassen und damit die Risiken für unsere Bank in diesem und den Folgejahren deutlich reduziert haben.” Im jahrelangen Rechtsstreit um die Übernahme der Postbank hatte das Geldhaus im vergangenen Oktober vor dem Oberlandesgericht Köln eine Schlappe verbucht, das Gericht gab den Klägern umfassend recht. Die Deutsche Bank muss damit mehr Geld zahlen – sie hatte indes schon Rückstellungen gebildet und geht juristisch vor dem Bundesgerichtshof gegen das Urteil vor. Auch in Polen hat das Geldhaus mit Rechtsstreitigkeiten zu kämpfen. Die polnische Tochter stockte das Kapital um rund 310 Millionen Euro auf. Dort geht es um Fremdwährungskredite. Auch andere Banken sind von den Streitigkeiten betroffen.

Rund lief es dagegen im Geschäft der Investment-Bank. Die Erträge stiegen hier 2024 um 15 Prozent auf 10,6 Milliarden Euro. Allein im vierten Quartal legten sie im Vergleich zum Vorjahresquartal um 30 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro zu. In der Unternehmensbank sowie im Geschäft mit Privatkunden gaben die Erträge leicht nach. Die Deutsche Bank steht mit den Zuwächsen in der Investmentbank nicht allein. US-Banken hatten das wiederbelebte Geschäft mit Übernahmen und Fusionen sowie anziehende Börsentätigkeiten 2024 Rückenwind gegeben. JPMorgan Chase verbuchte etwa den größten Gewinn der Firmengeschichte, Morgan Stanley und Bank of America konnten ihren Gewinn mehr als verdoppeln.

Die Fondstochter DWS knackte dank Rekordzuflüssen vor allem bei ETFs – börsennotierten Indexfonds, die nicht aktiv gemanagt werden, sondern die Wertentwicklung der Börsenindizes abbilden – beim verwalteten Vermögen die Eine-Billion-Euro-Marke. Der Gewinn kletterte 2024 um 19 Prozent auf 655 Millionen Euro.

(Bericht von Matthias Inverardi und Tom Sims, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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