Einzelhandel steigert 2024 Umsatz – “Talsohle scheint durchschritten”

Berlin (Reuters) – Die deutschen Einzelhändler haben ihren Umsatz im vergangenen Jahr gesteigert.

Er sei im Vergleich zu 2023 um 2,5 Prozent geklettert, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Bereinigt um Preiserhöhungen (real) fiel das Plus mit 1,1 Prozent zwar nicht ganz so deutlich aus. Allerdings ist dies das erste Plus nach zuvor zwei Minus-Jahren in Folge. “Die Talsohle scheint durchschritten”, sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Im Vergleich zu 2021, als der Einzelhandel die bisher höchsten Einnahmen seit Beginn dieser Statistik 1994 erzielte, lag der reale Jahresumsatz um 2,9 Prozent niedriger.

Der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank (HCOB), Cyrus de la Rubia, bezeichnete das Plus von 1,1 Prozent angesichts von Tariflohnsteigerungen von knapp sechs Prozent als enttäuschend. “Lieber sparen, ist offensichtlich die Devise.” Diese Konsumzurückhaltung sei wegen der vielen Unsicherheiten nachvollziehbar – “aber für die Wirtschaft ein Problem”. Gitzel sieht Hoffnungen, dass der private Konsum im laufenden Jahr weiter anziehen werde. “Gewisse Skepsis ist allerdings angebracht, über dem Arbeitsmarkt liegen dunkle Wolken”, sagte der Volkswirt. “Ist der Job nicht mehr sicher, wird gespart – vor allem bei größeren Anschaffungen.”

Die Kauflaune der deutschen Verbraucher hat sich zu Jahresbeginn angesichts vieler Probleme wie Konjunkturflaute, Jobsorgen und Inflation eingetrübt, wie jüngst das Barometer für das Konsumklima der GfK und des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen (NIM) zeigte. Der Indikator für Februar sank auf minus 22,4 Punkte von minus 21,4 Zählern im Vormonat. Die leisen Hoffnungen auf eine vorsichtige Erholung sind laut NIM-Forscher Rolf Bürkl wieder verflogen: “Das Konsumklima erleidet wieder einen Rückschlag und startet damit trüb ins neue Jahr.” Eine nachhaltige Erholung sei derzeit nicht in Sicht, zumal auch die Inflationsrate zuletzt wieder etwas zugelegt habe. Steigende Preise für viele Lebensmittel und Dienstleistungen hatten die Teuerungsrate im Dezember auf den höchsten Stand seit fast einem Jahr getrieben: Die Lebenshaltungskosten lagen 2,6 Prozent höher als vor einem Jahr und dürften im Januar unverändert geblieben sein.

VERSAND- UND INTERNETHANDEL MIT SPÜRBAR MEHR UMSATZ

Im Weihnachtsgeschäft im Dezember wuchs der reale Umsatz im Einzelhandel um 1,8 Prozent zum Vorjahr. Verglichen mit dem Vormonat fällt die Bilanz mager aus: Hier gab es einen Rückgang von 1,6 Prozent. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hingegen hatten mit plus 0,2 Prozent gerechnet.

“Die Einzelhändler in den Innenstädten leiden nicht nur unter der insgesamt mauen Nachfrage, sondern auch darunter, dass der Internethandel ihnen Marktanteile abjagt”, sagte De la Rubia. Der gesamte Versandhandel und E-Commerce legte 2024 inflationsbereinigt fünf Prozent zu und damit deutlich stärker als die gesamte Branche. “In der ersten Jahreshälfte 2024 sank der reale Umsatz um 1,4 Prozent, gefolgt von einem Anstieg von 11,1 Prozent in der zweiten Jahreshälfte 2024 gegenüber dem jeweiligen Vorjahreszeitraum”, erklärte das Statistikamt.

Der Handelsverband Deutschland will noch am Vormittag seinen Ausblick für 2025 vorlegen. Der HDE veröffentlicht dann auch eine Umfrage unter Einzelhändlern.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Philipp Krach. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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