Washington/Berlin (Reuters) – Nach der Ankündigung hoher Sonderzölle durch US-Präsident Donald Trump werden am Montag Verhandlungen zur Abwendung eines Handelskrieges erwartet.
So will Trump mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau sprechen. Mexiko will Details zu Gegenmaßnahmen nennen. Die Europäische Union, die anders als China noch nicht betroffen ist, beschwört ihre Geschlossenheit, um gestärkt in Gespräche mit dem Republikaner zu gehen. Am deutschen Aktienmarkt rutschte der Dax deutlich ab.
Trump will am Montagmorgen amerikanischer Ortszeit mit Trudeau verhandeln. Vor Reportern sagte Trump am Sonntag, er werde am Montag auch mit der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum das Gespräch suchen. Die USA hatten am Wochenende 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko sowie zehn Prozent höhere Zölle auf Importe aus China verhängt – und damit Sorgen vor einem Handelskrieg mit weltweiten Auswirkungen etwa für die Autoindustrie geschürt. Die drei Länder kündigten umgehend Gegenmaßnahmen an. Eine solche Spirale aus immer neuen Zöllen ist das schlechteste Szenario für die ohnehin schon maue Weltwirtschaft.
Trump stört sich am Handelsdefizit der USA mit anderen Ländern. Experten bemängeln zum Teil, dass die USA dabei aber nur auf den Handel mit klassischen Waren schauen und etwa nicht mit Internet-basierten Dienstleistungen, bei denen die USA dominant sind. Trump hat auch die EU im Visier und droht mit Sonderzöllen. Führende deutsche Politiker haben zuletzt gemahnt, besonnen auf die Drohungen zu reagieren. Sie warnen, dass die USA über eine steigende Inflation selbst einen hohen Preis zahlen werden. “Als Europäer sind wir auf Gegenzölle vorbereitet. Die Amerikaner müssen wissen: Das ist eine ganz schlechte Alternative”, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck.
VIEL UNSICHERHEIT
Die EU fürchtet, in eine schlechte Verhandlungsposition zu geraten, sollte Trump sie in mehrere Blöcke spalten. Spaniens Wirtschaftsminister Carlos Cuerpo sagte am Montag, die EU müsse geschlossen bleiben. Die EU setze sich für Handel ein, dürfe aber nicht naiv sein und müsse ihre Unternehmen schützen können. Ziel müsse ein fairer Wettbewerb sein, sagte er dem Radiosender RNE.
Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau sagte, Trumps Vorgehen kurz nach seiner Amtseinführung erhöhe die wirtschaftliche Unsicherheit. Dies mache ihm Sorgen. Die Zölle seien “sehr brutal”. Ein Handelskrieg habe in der Regel nur Verlierer. “Entscheidend ist es, unsere Wirtschaft stärker zu machen.”
Trump räumte in einem Internet-Post ein, die neuen Zölle könnten auch Amerikaner beeinträchtigen. “Wird es Schmerzen geben? Ja, vielleicht (und vielleicht auch nicht!).” Trump ließ offen, was er mit “Schmerzen” meinte. In einem Gespräch mit Journalisten sagte er, Sonderzölle gegen die EU würden folgen. Ein Datum dafür nannte er allerdings nicht. Die europäischen Staats- und Regierungschefs treffen sich am Montag in Brüssel, eigentlich zum Thema Verteidigungsfähigkeit. Nun dürften aber auch die Handelsbeziehungen zu den USA eine wichtige Rolle spielen. Die neuen Zölle gegen Kanada, Mexiko und China sollen in der Nacht zu Dienstag in Kraft treten.
Kanadas Ministerpräsident Trudeau erklärte, dass die US-Bürger durch steigende Lebensmittel- und Benzinpreise sowie durch die mögliche Schließung von Automobilwerken und die begrenzte Versorgung mit Metallen und Mineralien geschädigt würden. Trudeau forderte Kanadier auf, die Vereinigten Staaten und ihre Waren zu boykottieren.
GROSSBRITANNIEN KÖNNTE DIE AUSNAHME SEIN
Großbritannien will Trump womöglich von Zöllen ausnehmen. Das Land habe zwar in Handelsfragen “über die Stränge geschlagen”, so der Republikaner. Er glaube aber, dass Zölle möglicherweise vermieden werden könnten. Zu Ungleichgewichten im Handel mit dem Vereinigten Königreich fügte er hinzu: “Ich denke, das lässt sich ausbügeln.”
Am Frankfurter Aktienmarkt haben die US-Zölle die jüngste Rekordjagd gestoppt. Der deutsche Leitindex rutschte am Montag um zwei Prozent auf rund 21.300 Zähler ab. Damit verlor er die 22.000-Punkte-Marke, die er noch am Freitagvormittag angesteuert hatte, zunächst aus dem Blick.
(Bericht von Christian Krämer, Zuzanna Szymanska, Jarrett Renshaw, Daphne Psaledakis, David Lawder, Sudip Kar-Gupta, Inti Landauro, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)