Industrie mit kräftigem Auftragsplus – “Anzeichen für Stabilisierung”

Berlin (Reuters) – Für die deutsche Industrie hat das Krisenjahr 2024 halbwegs versöhnlich geendet: Ihre Aufträge wuchsen im Dezember um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich mit einem Plus von 2,0 Prozent gerechnet, nach einem Einbruch von 5,2 Prozent im November. 2024 insgesamt waren die Auftragseingänge kalenderbereinigt um 3,0 Prozent niedriger als im Vorjahr.

“In der Industrie zeichnet sich insgesamt noch keine konjunkturelle Trendwende ab”, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die Entwicklung. “Unsichere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen und hohe Kosten belasten die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und bremsen die Nachfrage nach Industriegütern”, fügte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Jupp Zenzen, hinzu.

Der Zuwachs im Dezember wäre ohne Berücksichtigung von Großaufträgen mit 2,2 Prozent deutlich geringer, aber immer noch ordentlich ausgefallen. Diese gab es vor allem im Sonstigen Fahrzeugbau (Flugzeuge, Schiffe, Züge, Militärfahrzeuge). Hier lag das Neugeschäft aufgrund mehrerer Großgeschäfte um 55,5 Prozent höher als im Vormonat. Auch die Zuwächse der Maschinenbauer (+8,6 Prozent) beeinflussten das Gesamtergebnis positiv. Dagegen musste die Automobilindustrie ein Minus von 3,2 Prozent verkraften.

UNSICHERHEIT DURCH TRUMP

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht angesichts des unerwartet kräftigen Zuwachses am Jahresende zumindest einen Hoffnungsschimmer. “Für eine nachhaltige Wende in der gebeutelten deutschen Industrie bedarf es aber eines Neustarts in der Wirtschaftspolitik, wobei künftige mögliche Koalitionspartner unterschiedliche Vorstellungen haben”, sagte Krämer. “Bis auf Weiteres rechne ich ab dem Frühjahr weiter lediglich mit einer blutleeren Aufwärtsbewegung.”

Ähnlich äußerten sich auch andere Experten. “Die deutsche Industrie fasst langsam Tritt”, sagte Michael Herzum, Volkswirt bei Union Investment. “Die aktuellen Zahlen zeigen Anzeichen für eine echte Stabilisierung.” Die verbesserte Auftragslage sollte in den kommenden Monaten positiv auf die Industrieproduktion durchschlagen. “Eine große Unsicherheit bleibt aber nach wie vor die Außen- und Handelspolitik des US-Präsidenten Donald Trump.”, sagte Herzum. Dieser droht mit hohen Zöllen auf Waren aus der Europäischen Union. Das würde Deutschland besonders treffen, sind die USA doch der mit Abstand wichtigste Abnehmer von Waren “Made in Germany”.

Der inflationsbereinigte Umsatz im Verarbeitenden Gewerbe fiel im Dezember um 0,1 Prozent niedriger aus als im Vormonat. Im Gesamtjahr 2024 blieb er um 4,0 Prozent unter dem Ergebnis von 2023 zurück. “Auch hier war der Umsatz in der ersten Jahreshälfte überwiegend rückläufig, während sich in der zweiten Jahreshälfte eine Tendenz zur Stabilisierung abzeichnete”, so das Statistikamt.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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