Berlin (Reuters) – Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Pläne von CDU/CSU kritisiert, Flüchtlinge an den deutschen Grenzen abzuweisen.
Trotz aller Kritik an ihrer eigenen Politik bleibe sie auch heute bei ihrer Überzeugung “das Flüchtlingsproblem … europäisch zu lösen, nicht an der deutschen Binnengrenze, sondern an der europäischen Außengrenze und in Verhandlungen mit den Herkunftsländern”, sagte die CDU-Politikerin am Mittwochabend in einer Veranstaltung der “Zeit” in Hamburg.
Sie wies auch Kritik von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz zurück, der die Flüchtlingspolitik ab 2015 in ihrer Amtszeit als verfehlt kritisiert hatte. “Ich halte die Flüchtlingspolitik der letzten zehn Jahre nicht für verfehlt. Ich sage aber, wir sind nicht am Ende der Arbeit und da ist noch eine ganze Menge zu tun”, betonte Merkel. Einiges sei nur schwer zu verstehen: “Warum ist es so schwer eben immer wieder die, die schon ausreisepflichtig sind, zur Ausreise zu bewegen? Warum sind … zwei Drittel der Ausländerämter immer noch nicht digitalisiert und damit der Austausch auch mit dem Ausländerzentralregister schwierig?”, fragte sie. Dort müsse mehr getan werden.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte vergangene Woche eine Resolution im Bundestag mit Stimmen der AfD, der FDP und einigen fraktionslosen Angeordneten durchgesetzt, in der die Zurückweisung aller Flüchtlinge an den deutschen Grenzen und dauerhafte Grenzkontrollen gefordert werden. Merkel verteidigte ihre Kritik an Merz, dass er eine Mehrheit mit Stimmen der AfD in Kauf genommen hatte. Weil sie etliche Anfragen von Journalisten bekommen habe, habe sie die Notwendigkeit gesehen, sich zu äußern. Sie habe Merz zuvor nicht informiert.
Das Ergebnis des Vorgehens der Unions-Fraktion sei “eine gewisse Polarisierung, eine Aufgewühltheit”. Jetzt müsse wieder ein Zustand gefunden werden, in dem später auch wieder Kompromisse möglich seien. “Ich würde aber lügen, wenn ich nicht sage: Ich mache mir um die Kompromissfähigkeit und die Gemeinsamkeit der demokratischen Parteien gewisse Sorgen”, fügte sie hinzu.
(Bericht von Andreas Rinke,; Redigiert von Birgit Mittwollen; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)