– von Andreas Rinke
München (Reuters) – Der Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) steht im Bann der neuen US-Regierung.
Neben den von US-Präsident Donald Trump initiierten Verhandlungen mit Russland über ein Ende des Ukraine-Krieges stand der neue Kurs der USA gegenüber den europäischen Verbündeten im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. “Mit einem Scheinfrieden – über die Köpfe der Ukrainer und Europäer hinweg – wäre nichts gewonnen”, warnte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Freitag in München. CDU-Chef Friedrich Merz erwartete vom Auftritt des US-Vizepräsidenten JD Vance am Nachmittag eine “brutal harte Ansage” an die Europäer. Vance selbst erklärte bei einem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dass “Deutschland ein großartiger Verbündeter der USA” sei.
Die Rede von Vance wird nach der neuen Ausrichtung der US-Politik mit Spannung erwartet. Die Regierung unter Präsident Trump hat bereits einschneidende Maßnahmen wie das Aus für die US-Entwicklungshilfeorganisation USAID beschlossen und mit Zöllen auf für die EU gedroht. Der Vorstoß für Verhandlungen mit Russland über die Ukraine erfolgte ohne Abstimmung mit europäischen- und Nato-Partnern. Trump hat zudem Irritationen mit Gebietsansprüchen von Grönland bis zum Gazastreifen ausgelöst. Die Europäer seien sehr wichtige Verbündete, betonte Vance in München, fügte aber hinzu: “Wir glauben auch, dass es wirklich wichtig ist, zu erkennen, dass Europa in Zukunft eine größere Rolle für seine eigene Sicherheit übernehmen muss. Und natürlich wird Deutschland als größte Volkswirtschaft in Europa dabei eine wichtige Rolle spielen.” Im “Wall Street Journal” (WSJ) forderte der Vizepräsident zudem von den etablierten Parteien in Deutschland eine Zusammenarbeit mit der AfD.
Bundespräsident erklärte, dass die USA und Deutschland ihre Beziehungen ausbauen sollten. Man müsse auch über unterschiedliche Vorstellungen sprechen. An dem Treffen mit Vance nahmen auch Baerbock und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt teil. Der US-Vizepräsident wollte sich danach mit CDU-Chef Merz treffen. In München haben sich 60 Staats- und Regierungschefs sowie 150 Minister angemeldet sind. Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Samstag erwartet.
Vor allem das Vorgehen der USA im Ukraine-Konflikt wird in Berlin und Brüssel mit Sorge gesehen. Für Aufregung sorgte eine Ankündigung Trumps, dass sich Amerikaner und Russen schon in München austauschen könnten. Das russische Außenministerium und MSC-Organisator Christoph Heusgen erklärten jedoch, dass keine russischen Regierungsvertreter an der MSC teilnehmen würden. Am Donnerstagabend hatte Scholz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert, beide wollen sich am Samstag in München treffen. Bereits früher hat Scholz erklärt, die Europäer dürften einen “Diktatfrieden” nicht hinnehmen.
“Frieden wird es nur durch Stärke geben. Dafür braucht es harte und langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine, es braucht eine starke Nato sowie Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen der Ukraine zur Europäischen Union”, sagte Außenministerin Baerbock. Seit der russischen Invasion hätten die Europäer die Ukraine mit insgesamt mehr als 134 Milliarden Euro unterstützt, Deutschland allein mit fast 44 Milliarden Euro. CDU-Kanzlerkandidat Merz forderte eine gemeinsame Antwort der Europäer zu den amerikanischen Ukraine-Plänen. Es brauche “nicht eine deutsche, sondern eine europäische Antwort”, sagte er im ZDF am Donnerstagabend. Wenn kein Konzept vorliege, “werden wir einen Sprung ins kalte Wasser machen müssen, der wird weh tun”.
(Redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)