– von Humeyra Pamuk und Pesha Magid
Riad (Reuters) – Die USA und Russland haben sich bei einem Treffen ihrer Außenminister in Riad darauf verständigt, ihre Bemühungen um einen Frieden in der Ukraine voranzutreiben.
US-Außenminister Marco Rubio betonte am Dienstag nach den viereinhalbstündigen Gesprächen in der saudiarabischen Hauptstadt, dass dabei die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden sollten, also sowohl der Ukraine und deren europäischen Unterstützer als auch Russlands. Alle Seiten müssten Zugeständnisse machen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte kurz darauf einen für Mittwoch in Riad geplanten Besuch ab und betonte, Gespräche dürften nicht hinter dem Rücken der Ukraine laufen.
Die Ukraine und die Europäer saßen bei dem ersten Treffen in diesem Format seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor fast drei Jahren nicht mit am Tisch. Schon im Vorfeld hatte das in Kiew, Brüssel, Berlin und Paris Sorgen geschürt, die USA könnten über die Köpfe der Europäer hinweg mit Russland Vereinbarungen treffen, für die künftige Sicherheitslage auf dem Kontinent am Ende entscheidend sind.
“Heute ist der erste Schritt auf einer langen und schwierigen Reise, aber ein wichtiger”, sagte Rubio. Ziel sei es, ein faires, anhaltendes und nachhaltiges Ende des Kriegs zu erreichen. Die Lösung müsse für alle Beteiligten akzeptabel sein. Niemand werde Außen vorgelassen. Die EU werde ab einem bestimmten Punkt miteinbezogen werden müssen. Bei Verhandlungen soll es nach Angaben der US-Delegation unter anderem über Territorium und Sicherheitsgarantien für die Ukraine gehen. Russland kontrolliert etwa ein Fünftel des ukrainischen Gebiets.
US-Präsident Donald Trump sei entschlossen, sehr rasch vorzugehen, sagte Rubio. Ein Datum für ein etwaiges Treffen zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wurde aber noch nicht festgesetzt, wie der Nationale US-Sicherheitsberater Mike Waltz vor Journalisten erklärte.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, die Gespräche seien nützlich gewesen, man habe einander zugehört und verstanden. Beide Seiten hätten sich darauf verständigt, einen Prozesses zur Beilegung des Konflikts einzuleiten, und Hindernisse für die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Russland auszuräumen. Lawrow unterstrich zugleich, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine für Russland inakzeptabel sei. Das gelte auch für die Präsenz von Nato-Truppen in der Ukraine, auch wenn sie nicht im Rahmen eines Nato-Einsatzes, sondern etwa als EU-Truppen oder unter anderem Mandat aufträten.
KREML: EU-BEITRITT JA, NATO-MITGLIEDSCHAFT NEIN
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, die Ukraine habe wie jedes andere Land das souveräne Recht, der EU beizutreten. “Wir sprechen über Integration und wirtschaftliche Integrationsprozesse. Hier kann natürlich niemand irgendeinem Land etwas vorschreiben, und das werden wir auch nicht tun.” Russlands Haltung sei aber anders, wenn es um den Beitritt der Ukraine zur Nato gehe.
Die US-Regierung hatte im Vorfeld des Treffens in Riad bereits erklärt, sie halte eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine auch nach Ende des Kriegs für unrealistisch. Bei führenden Politikern Europas ist das einer der Punkte, die für Kritik sorgen, handle es sich doch um ein unnötig vorab gemachtes Zugeständnis an Putin. Auch das US-Vorgehen insgesamt, das ohne enge Absprache mit den Europäern oder Kiew geschah, sorgt für massive Verstimmung in den Beziehungen.
Eingefädelt wurde das Treffen in Riad durch ein Telefonat zwischen Trump und Putin in der vergangenen Woche, was einer deutlichen Abkehr vom bisherigen Ukraine-Kurs der USA unter Trumps Vorgänger Joe Biden gleichkam. Biden hatte offizielle Kontakte mit Russland vermieden. Trump schrieb sich jedoch schon im Wahlkampf auf die Fahnen, den Konflikt rasch beizulegen.
ERDOGAN: TERRITORIALE INTEGRITÄT DER UKRAINE UNBESTREITBAR
Von Trumps Vorpreschen wurden die Europäer scheinbar völlig überrascht. Nachdem die Differenzen zur US-Regierung dann auch noch auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende deutlich zutage traten, beriefen sie kurzfristig am Montag ein Treffen auf Staats- und Regierungschefebene in Paris ein. Im Fokus stand dabei, wie ein potenzieller Frieden in der Ukraine – etwa durch die Entsendung von europäischen Truppen – abgesichert werden könnte. Eine einheitliche Position zeichnete sich hier nicht ab.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte auf X mit, sie habe Trumps Ukraine-Gesandten Keith Kellogg gesagt, dass Europa mit den USA zusammenarbeiten wolle “um einen gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine zu erreichen”. Von der Leyens Büro erklärte, sie habe während des Treffens mit Kellogg zudem betont, dass jede Lösung die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektieren müsse.
Selenskyj erklärte bei einem Besuch in Ankara, er werde nun wohl erst am 10. März nach Riad reisen. Er werde in Kiew auf eine US-Delegation warten. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte nach dem Treffen mit Selenskyj, die territoriale Integrität der Ukraine sei für ihn unbestreitbar. Dies gelte auch für die Zukunft.
(Geschrieben von Christian Rüttger, und Alexander Ratz. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)