Aussicht auf Union-SPD-Regierung verhilft Dax ins Plus

Frankfurt (Reuters) – Die sich abzeichnende Bildung einer Regierung aus Union und SPD hat am Tag nach der Bundestagswahl unter den Dax-Anlegern für Erleichterung gesorgt.

Der deutsche Leitindex rückte am Montag um ein Prozent auf 22.505 Zähler vor, der EuroStoxx50 notierte leicht im Plus. Ein Zweierbündnis aus Union und SPD werde die Koalitionsverhandlungen im Vergleich zu einer Dreierkoalition beschleunigen und die Zusammenarbeit in der neuen Regierung erleichtern, sagt Felix Schmidt, Volkswirt bei Berenberg. Laut Christian Henke vom Broker IG hoffen die Anleger nun darauf, dass die neue Regierung schnell die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands anpacken wird.

Doch ob das neue Bündnis so schlag- und tatkräftig werden kann wie erhofft, wird sich angesichts des Wahlergebnisses, das AfD und Linken eine Sperrminorität im neuen Bundestag gibt, noch zeigen müssen. Zu der von vielen Investoren erhofften Reform der Schuldenbremse oder der Einrichtung einer neuen Kreditlinie für die Bundeswehr oder Investitionen braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat. Diese könnten AfD und die Linke zusammen verhindern. Die neue Regierung werde wohl nur einen sehr begrenzten fiskalischen Spielraum haben, um die enormen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, zu bewältigen, resümiert Schmidt von Berenberg.

Auch Jochen Stanzl von CMC Markets prognostiziert: Auf CDU-Chef Friedrich Merz, den voraussichtlich neuen Bundeskanzler, laste nun eine Vielzahl von Aufgaben – “von stagnierendem Wachstum über Russlands Krieg in der Ukraine bis hin zur drohenden Gefahr eines globalen Handelskriegs, der den schwächelnden Industriesektor Deutschlands zusätzlich belastet.” Der Hang zu Gewinnmitnahmen im Dax ist laut Börsianern daher erstmal nicht gebannt. In der vergangenen Woche hatte sich der Leitindex wieder deutlich von der 23.000-Punkte-Marke entfernt.

EURO KANN GEWINNE NICHT HALTEN

Am Devisenmarkt ließ die anfängliche Euphorie bereits wieder nach: Der Euro, der zunächst um bis zu 0,7 Prozent auf ein Vier-Wochen-Hoch von 1,0528 Dollar gestiegen war, lag am Mittag nur noch knapp im Plus. Der Dollar-Index erholte sich von seinem Zweieinhalb-Monats-Tief und notierte schließlich kaum verändert bei 106,6160 Punkten.

Zu den größten Gewinnern am deutschen Aktienmarkt zählten die Rüstungswerte, da Investoren auf steigende Verteidigungsausgaben der neuen Bundesregierung spekulierten. Im Dax rückten die Titel von Rheinmetall um fünf Prozent vor, Hensoldt gewannen im MDax bis zu 6,5 Prozent und Renk im SDax 7,1 Prozent. Das Thema Verteidigung werde angesichts der außenpolitischen Entwicklungen der vergangenen Wochen wahrscheinlich die Koalitionsgespräche dominieren, schreibt die Deutsche Bank in einem Kommentar. Hensoldt, Rheinmetall und Renk haben seit Jahresbeginn bereits zwischen 32 und 50 Prozent zugelegt.

SIEMENS ENERGY AUF TAUCHSTATION

Auf der Verliererseite standen die Aktien von Siemens Energy. Ein Analystenbericht über Kürzungen bei Microsoft im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI) ließ die Titel des Energietechnikkonzerns zeitweise um fast 13 Prozent abrutschen. Danach pendeln sie sich bei einem Minus von rund fünf Prozent ein. Ein Händler verwies auf einen Bericht der US-Investmentbank TD Cowen, wonach Microsoft dabei ist, seine KI-Rechenzentrumskapazitäten zu reduzieren. Der Boom der energieintensiven Technologie hatte den Windkraftsektor im vergangenen Jahr kräftig angetrieben.

Für Wirbel in der europäischen Essensliefer-Branche sorgte Delivery-Hero-Großaktionär Prosus. Dieser legte ein Übernahmeangebot für Just Eat Takeaway vor, um einen “europäischen Champion” zu formen. Als Reaktion auf den sich anbahnenden Deal stiegen die Aktien von Just Eat um fast 56 Prozent, so stark wie noch nie. Die Papiere von Delivery Hero verteuerten sich im MDax um gut zehn Prozent. Prosus verbuchte dagegen Kursverluste von rund sieben Prozent.

(Bericht von: Daniela Pegna, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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