Wirtschaft fordert schnelle Regierungsbildung – “Stau auflösen”

Berlin (Reuters) – Die Wirtschaft fordert nach der Bundestagswahl eine rasche Regierungsbildung und einen Kurswechsel.

“Die deutsche Wirtschaft braucht sehr schnell eine handlungsfähige neue Bundesregierung mit stabiler Mehrheit in der demokratischen Mitte”, sagte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Peter Leibinger, am Sonntagabend. “Der Entscheidungs- und Handlungsstau in vielen für die Wirtschaft existenziellen Fragen wie etwa des Bürokratierückbaus, staatlichen Investitionen, der Energieversorgung und der Sicherheitspolitik gehört dringend aufgelöst.” Je länger die Unsicherheit andauere, desto mehr zögerten Unternehmen und Verbraucher mit Investitionen und Käufen, die Wirtschaft stagniere und das Land werde geschwächt.

Der Außen- und Großhandelsverband BGA fordert eine nationale Kraftanstrengung, um die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. “Wir alle, auch der deutsche Mittelstand, müssen hier einen Beitrag leisten”, sagte BGA-Präsident Dirk Jandura der Nachrichtenagentur Reuters. Auch mit Blick auf die internationale Lage bedürfe es einer handlungsfähigen und handlungswilligen Bundesregierung. “Der Gegenwind aus den USA ist stärker geworden – darauf müssen wir reagieren”, sagte Jandura. Um im Handelskonflikt mit den USA und China zu bestehen, “müssen wir geschlossen und mit deutlicher Stimme auftreten”. Notwendig sei eine klare Haltung für offene Handelswege und neue Freihandelsabkommen. “Für ewiges Zaudern fehlt uns die Zeit, denn die Welt da draußen wartet nicht auf uns”, sagte der BGA-Präsident.

“BESSERE WIRTSCHAFTSPOLITIK”

Die Präsidentin des Verbandes “Die Familienunternehmer”, Marie-Christine Ostermann, sieht einen klaren Wählerauftrag für Friedrich Merz von der Union, den wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands endlich umzukehren. “Dafür braucht es dringend eine bessere Wirtschaftspolitik und Reformen.” Die deutsche Wirtschaft stecke nicht in einer Konjunkturdelle, sagte sie angesichts von zwei Rezessionsjahren in Folge. “Wir haben eine strukturelle Wirtschaftskrise.” Der Standort Deutschland sei in Gänze nicht mehr wettbewerbsfähig. Es gehe um die Überlebensfrage für Tausende Unternehmen und deren Arbeitsplätze.

“Die Erwartungen an eine aller Voraussicht nach unionsgeführte Bundesregierung sind hoch”, sagte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bunds (DMB), Marc Tenbieg. “Diese steht vor der Aufgabe, die deutsche Volkswirtschaft aus einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte zu führen.” Im Wahlprogramm von CDU/CSU fänden sich die meisten mittelstandsfreundlichen Ansätze aller Parteien. Aber um diese umsetzen zu können, brauche es eine handlungsfähige und vor allem stabile Koalition. “Ein erneutes Gegeneinander der Regierungsparteien kann sich der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht erlauben”, sagte Tenbieg. “Der Mittelstand benötigt Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen.” Dazu zählten insbesondere ein spürbarer Bürokratieabbau, eine bezahlbare Energieversorgung sowie eine Reduzierung der Unternehmensbesteuerung und gezielte Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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