Zürich (Reuters) – Die Schweizer Regierung muss nach dem Rücktritt von Verteidigungsministerin Viola Amherd mehrere weitere Spitzenposition im der Armee und im Verteidigungsressort neu besetzen.
Am Dienstag wurde bekannt, dass der Chef der Armee, Korpskommandant Thomas Süssli, und der Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB), Christian Dussey, ihre Posten räumen werden. Bereits in der vergangenen Woche hatte das Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass der Kommandant der Schweizer Luftwaffe, Divisionär Peter Merz, die Armee Ende September verlassen und die Leitung der Schweizer Flugsicherung Skyguide übernehmen wird.
“Ja, ich kann die Rücktritte bestätigen”, sagte Priska Seiler-Graf, Parlamentsabgeordnete der Sozialdemokraten (SP) und Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, der großen Kammer des Schweizer Parlaments, der Nachrichtenagentur Reuters. “Süssli tritt Ende 2025 und Dussey Ende März 2026 zurück.” Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums (VBS) lehnte eine Stellungnahme zu der Sache ab. Die “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) und das Schweizer Fernsehen SRF hatten zuvor unter Berufung auf mehrere Quellen berichtet, dass der Armee- und der NDB-Chef ihre Ämter niederlegen werden.
VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM WEGEN BESCHAFFUNG IN DER KRITIK
Die Abgänge kommen zu einem heiklen Zeitpunkt für das Verteidigungsministerium, das wegen Verzögerungen bei wichtigen Projekten in die Kritik geraten ist. Am Montag machte die Eidgenössische Finanzkontrolle Verdachtsfälle von Betrug im staatlichen Rüstungskonzern Ruag MRO bekannt, deren Schaden sie auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag schätzte. Seiler-Graf sieht keinen Zusammenhang zwischen den Rücktritten von Süssli und Dussey, die im Verteidigungsministerium für verschiedene Organisationen gearbeitet haben. Auch einen Zusammenhang mit den Berichten der Finanzkontrolle zur Ruag ortete sie nicht. “Wenn der Chef oder in diesem Fall die Chefin geht, hat das meistens auch noch andere Rücktritte zur Folge”, sagte die Abgeordnete.
Das Parlament soll am 12. März einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin von Verteidigungsministerin Amherd wählen, die im Januar ihren Rücktritt erklärt hatte. Ihre Mitte-Partei, die im siebenköpfigen Schweizer Bundesrat ein Regierungsmitglied stellt, schickt dafür zwei Kandidaten ins Rennen. Markus Ritter, der für das Amt kandidiert und als Favorit gilt, zeigte sich in einer Sendung von Radio SRF enttäuscht, dass der Doppelrücktritt an die Öffentlichkeit durchgesickert sei. “Das ist nicht gut für die Zusammenarbeit im Bundesrat.” Es sei zwar spannend und interessant, Personalentscheide zu treffen, sagte der Politiker. “Aber es ist schade, dass man nicht zuerst die strategischen Aufgaben der Armee angehen kann.”
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges will die Schweiz ihre Armee aufrüsten. Über die Finanzierung des Ausbaus besteht aber keine Einigkeit. Zudem ist in dem neutralen Land eine Auseinandersetzung über die Auslegung der Neutralität und mögliche Waffenlieferungen entbrannt.
(Bericht von Ariane Lüthi, Paul Arnold und Oliver Hirt, redigiert von Birgit Mittwollen. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)