– von David Lawder und Andrea Shalal
Washington/Peking/Berlin (Reuters) – Nach neuen US-Sonderzöllen gegen China, Kanada und Mexiko droht ein handfester Handelskrieg.
China reagierte am Dienstag umgehend mit Gegenmaßnahmen. Auch Mexiko und Kanada wollen sich wehren. Sie sind eigentlich mit den USA in einer Freihandelszone, die bisher kaum Zölle kannte. An den Finanzmärkten gaben Aktien deutlich nach, auch der mexikanische Peso stand unter Druck. Die Europäische Union könnte als nächstes zum Ziel von US-Präsident Donald Trump werden. Auch Japan kritisierte der Republikaner wegen des aus seiner Sicht zu schwachen Yen.
Seit Dienstag greifen neue Importzölle von jeweils 25 Prozent auf zahlreiche Waren aus den beiden US-Nachbarstaaten. Der zuvor eingeräumte zusätzliche Monat für Verhandlungen brachte keine ausreichende Annäherung. Zugleich werden bestehende Zölle auf chinesische Waren von zehn auf 20 Prozent verdoppelt. Die drei betroffenen Länder kündigten ihrerseits neue Zölle auf US-Waren an. In beide Richtungen sind Waren im Wert von etwa 2,2 Billionen Dollar pro Jahr betroffen. China legte zudem Beschwerde bei der Welthandelsorganisation WTO ein.
US-Handelsminister Howard Lutnick räumte in einem CNBC-Interview ein, dass die Preise durch den Handelskonflikt steigen könnten. Die höheren Zölle könnte aber auch wieder zurückgenommen werden, wenn es Fortschritte gebe. Trump hatte sein Vorgehen nicht nur mit wirtschaftlichen Gründen erklärt. Die drei betroffenen Länder hätten nicht genug getan, um den Zustrom des tödlichen Fentanyl-Opioids und seiner Vorläuferchemikalien in die USA einzudämmen. Zudem will er mit dem Vorgehen die US-Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze in den USA schaffen. In diesem Zusammenhang forderte der US-Präsident Unternehmen zugleich auf, Produktionsanlagen in den Vereinigten Staaten zu bauen. “In diesem Fall gibt es keine Zölle.”
DEUTLICHES ECHO
Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum sagte, es gebe keine Rechtfertigung für Trumps Zölle. Ihr Land werde darauf reagieren. “Niemand gewinnt durch diese Entscheidung.” Mexiko hat nach eigener Einschätzung die Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze zu den USA verstärkt. Es sei entschieden gegen die organisierte Kriminalität vorgegangen worden, so Sheinbaum.
China will ab dem 10. März zusätzliche Zölle von zehn bis 15 Prozent auf bestimmte US-Importe erheben, teilte das Finanzministerium in Peking mit. Betroffen seien Landwirtschafts- und Lebensmittelprodukte wie bestimmte Fleischsorten, Getreide, Baumwolle, Obst, Gemüse und Milchprodukte – insgesamt Waren im Wert von 21 Milliarden Dollar. Zudem wurden 25 US-Firmen aus Gründen der nationalen Sicherheit unter Export- und Investitionsbeschränkungen gestellt. Das chinesische Außerministerium teilte mit, der Versuch, extremen Druck auf China auszuüben, sei ein Fehler. Analysten werteten die Reaktion aus Peking als bedacht. Sie Gegenzölle blieben hinter den US-Maßnahmen zurück. Dies lasse noch Raum für Verhandlungen.
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau verkündete sofortige Zölle von 25 Prozent auf amerikanische Importe im Wert von 20,7 Milliarden US-Dollar. Weitere Zölle auf Waren im Wert von 86,2 Milliarden US-Dollar sollen folgen, falls Trumps Zölle auch nach 21 Tagen noch in Kraft sind. Zuvor hatte Trudeau gesagt, Kanada werde US-Bier, Wein, Bourbon, Haushaltsgeräte und Orangensaft aus Florida ins Visier nehmen. “Zölle werden eine unglaublich erfolgreiche Handelsbeziehung stören”, so der Regierungschef. Er fügte hinzu, dass sie gegen das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada verstoßen würden, das Trump während seiner ersten Amtszeit unterzeichnet hatte.
“UNRUHE AN DEN MÄRKTEN”
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kritisierte die USA ungewöhnlich deutlich: “Wir laufen sehenden Auges in einen umfassenden Zollkonflikt hinein.” Die US-Zölle seien unbegründet, so der Grünen-Politiker. “Das ist die Zollspirale, vor der ich seit den ersten Ankündigungen aus Washington gewarnt habe.” Es gebe keine Gewinner in einem solchen Handelskrieg. “Das Ergebnis ist mehr Unruhe auf den Märkten, mehr Inflation, höhere Preise, weniger Investitionssicherheit.”
Deutschland unterstütze den Ansatz der EU-Kommission, gemeinsam mit der US-Regierung zu einer Verhandlungslösung zu kommen, ergänzte Habeck. Die EU dürfe sich dabei aber nicht herumschubsen lassen. Trump hat bereits mit Sonderzöllen gegen die europäische Autobranche gedroht. Sie könnten ab April greifen. Die für Handelspolitik zuständige EU-Kommission teilte mit, die US-Entscheidung zu bedauern. Der Welthandel werde dadurch gestört und unnötig Unsicherheit geschaffen.
Trump drohte auch mit einer neuen Front. Der Republikaner warf Japan und China vor, ihre Währungskurse künstlich niedrig zu halten. Er habe den Staats- und Regierungschefs beider Länder daher gesagt, sie könnten den Wert ihrer Währungen nicht weiter senken. Dies sei unfair gegenüber den Vereinigten Staaten. Es sei “sehr schwer für uns, Traktoren zu produzieren”, wenn Japan, China und andere Länder ihre Währungen abwerten.
(Geschrieben von Rene Wagner und Christian Krämer.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)