Frankfurt (Reuters) – Die jüngsten Entwicklungen in der Handels- und Geopolitik haben die Börsen in Europa am Dienstag unter Druck gesetzt.
Der Dax und der EuroStoxx50 gaben gegen Mittag jeweils gut zwei Prozent auf 22.634 Zähler und 5426 Punkte nach. Zu Wochenbeginn war der deutsche Leitindex erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 23.000 Punkten gesprungen.
Für schlechte Stimmung sorgte erneut die Handelspolitik, nachdem China und Kanada als Reaktion auf frisch in Kraft getretene US-Strafzölle Gegenzölle angekündigt hatten. “Die Sorge, die sich nun breitmacht, ist, dass es hier auch eher früher als später Importzölle auf Waren aus Europa kommen dürften”, sagte Jens Klatt, Analyst beim Broker XTB in Berlin. Auch geopolitische Risiken belasteten die Märkte: In den USA stoppte Präsident Donald Trump nach seinem Streit mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vorübergehend die Militärhilfen für die Ukraine. Im Gazastreifen und in Israel nimmt zugleich die Gewalt angesichts der stockenden Umsetzung des Fahrplans hin zu einem dauerhaften Ende der Kämpfe wieder zu.
RÜSTUNGSRALLY GEHT WEITER
Gefragt waren daher vor allem Aktien aus dem Rüstungssektor. Hensoldt legte um fast elf Prozent zu, Renk rückten um gut sechs Prozent vor. Europäische Rivalen wie Dassault Aviation, Leonardo und BAE Systems gewannen zwischen 1,6 und knapp drei Prozent. “Die Gemengelage ist fragiler denn je”, sagte Jürgen Molnar, Stratege vom Broker RoboMarkets. “Argumente, andere als Rüstungsaktien zu kaufen, sind derzeit nicht wirklich vorhanden.” Der französische Rüstungs- und Technologiekonzern Thales stach dabei mit einem Plus von gut acht Prozent heraus, nachdem das Unternehmen starke Zahlen vorgelegt hatte. Der europäische Rüstungs-Branchenindex kletterte um ein Prozent, nachdem er am Montag um 7,7 Prozent in die Höhe geschossen war.
Die Aussetzung der US-Militärhilfe für die Ukraine drückte dagegen die Aktien polnischer Unternehmen. Der Warschauer Leitindex Wig20 gab 2,6 Prozent nach. Am stärksten unter Druck standen etwa die Banken Alior, PKO und Pekao, die jeweils rund 3,5 Prozent einbüßten. “Die polnischen Marktteilnehmer ziehen sich zurück, weil die geopolitischen Risiken und Gefahren zunehmen – und zwar auch direkt um unser Land herum”, erläuterte Jakub Szkopek, Analyst bei der zentral- und osteuropäischen Bankengruppe Erste Group.
CONTINENTAL UND FMC UNTER DRUCK
Im Fokus bei den Aktien außerhalb des Rüstungssektors stand Continental mit einem Kursrutsch um gut neun Prozent. Der Reifenhersteller und Autozulieferer erreichte zwar seine Jahresziele, doch ein Händler bezeichnete die Prognose für 2025 als “zu schwach”. Steil nach unten ging es auch für Fresenius Medical Care (FMC). Der Gesundheitskonzern Fresenius baut seine Beteiligung am Dialyse-Spezialisten perspektivisch von 32,2 auf bis zu 25,1 Prozent ab, was die FMC-Aktie um gut sieben Prozent nach unten drückte.
Die Aussicht auf die erste Produktionssteigerung der Opec+ seit 2022 belastete den Ölmarkt. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils mehr als ein Prozent auf 70,71 und 67,67 Dollar je Fass (159 Liter). “Obwohl diese Entscheidung lediglich darauf abzielt, frühere Produktionskürzungen schrittweise aufzuheben, hat sie dennoch Sorgen über ein mögliches Überangebot am Ölmarkt geschürt”, sagte Darren Lim, Rohstoffstratege beim Broker Phillip Nova.
(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)