– von Bo Erickson und Christian Rüttger
Washington/Berlin (Reuters) – Applaus auf der einen Seite im Kongress, lautstarker Protest auf der anderen: US-Präsident Donald Trump hat in seiner ersten großen Rede seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus klargemacht, dass er nicht gedenkt, von seinem konfrontativen Politikstil abzuweichen.
Er nutzte seinen 100-minütigen Auftritt vor beiden Kongresskammern, um sich selbst mit Eigenlob zu überhäufen. Trump diffamierte die Vorgängerregierung von Joe Biden und verteidigte umstrittene Amtshandlungen wie seinen harten Ukraine-Kurs, die Verhängung von Strafzöllen gegen enge Handelspartner oder die Massenentlassungen von Staatsbediensteten. Immer wieder holte er gegen Einwanderer aus, die er mit Kriminalität in Verbindung brachte, und gegen die Befürworter von Diversität. “Amerika ist zurück”, rief er.
Die Republikaner feierten Trump dafür mit “USA”-Sprechchören. Von den Bänken der Opposition erntete er dagegen Pfiffe und Buhrufe. Einige Demokraten hielten Schilder hoch auf denen “Kein König” oder “Das ist nicht normal” stand. Dutzende verließen nach und nach den Saal. Der Abgeordnete Al Green wurde gar nur wenige Minuten nach Redebeginn nach draußen komplimentiert, nachdem er sich weigerte, sich hinzusetzen. “Ich schaue mir die Demokraten vor mir an, und mir wird klar, dass es absolut nichts gibt, was ich sagen kann, um sie glücklich zu machen oder sie zum Stehen, Lächeln oder Applaudieren zu bringen”, sagte Trump nach Greens Rauswurf.
TRUMP: UKRAINE WILL ROHSTOFFABKOMMEN UNTERZEICHNEN
Trotz ihrer Länge bot die Rede nach sechs tumulthaften Wochen im Weißen Haus wenig an echten Neuigkeiten. Auf die Ukraine ging Trump gegen Ende und dann auch nur kurz ein. Dabei hatte sein offener Streit mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und der angeordnete Stopp der US-Militärhilfe gerade erst weltweit hohe Wogen geschlagen und unter den Verbündeten der USA Sorgen geschürt, dass Trump zu sehr dem russischen Staatschef Wladimir Putin in die Karten spielt. Selenskyj habe ihm in einem Brief mitgeteilt, dass er nun bereit sei, ein Rohstoffabkommen zu unterzeichnen, sagte Trump. Außerdem wolle er “so bald wie möglich an den Verhandlungstisch kommen”, um einem dauerhaften Frieden näher zu kommen. “Gleichzeitig haben wir ernsthafte Gespräche mit Russland geführt und starke Signale erhalten, dass sie bereit für Frieden sind. Wäre das nicht wunderbar?”
Den Konflikt im Nahen Osten erwähnte Trump nur am Rande. Die Region sei eine “raue Gegend”, es passiere dort “sehr viel”. Pläne wie etwa die bei anderer Gelegenheit geäußerte Idee, den Gazastreifen in eine “Riviera des Nahen Ostens” zu verwandeln, führte Trump nicht aus. Stattdessen bekräftigte er seinen Willen, das zum dänischen Königreich gehörende Grönland Teil der USA werden zu lassen. Er bot den Grönländern an, sie und ihre Insel in die USA aufzunehmen, wenn sie dies wollten. “Wir werden für eure Sicherheit sorgen, wir werden euch reich machen, und gemeinsam werden wir Grönland in Höhen führen, die ihr nie für möglich gehalten habt.” Es handle sich um “eine sehr kleine Bevölkerung” und “ein sehr, sehr großes Stück Land”, das “sehr, sehr wichtig für die militärische Sicherheit” sei. “Wir brauchen es wirklich für die internationale Weltsicherheit.” Auch den Anspruch auf den Panamakanal erneuerte Trump.
TRUMP: WEITERE ZÖLLE KOMMEN
Genauso bekräftigte der Präsident seine Absicht, ab dem 2. April zusätzliche Vergeltungszölle einzuführen. Erst am Dienstag waren neue Zölle gegen Kanada, Mexiko und China in Kraft getreten, wodurch die internationalen Finanzmärkte unter Druck gerieten. Als nächstes könnte es unter anderem auch die Europäische Union treffen, was die Börsen weiter belasten könnte.
Doch auf die Marktreaktion ging Trump nicht ein. “Andere Länder haben jahrzehntelang Zölle gegen uns eingesetzt. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir sie gegen diese Länder einsetzen”, begründete er stattdessen seine Haltung. Aber anders als etwa bei seinen rhetorischen Breitseiten gegen “Wokeness” sprangen viele Republikaner diesmal nicht auf, um zu applaudieren – was offenbar zeigt, dass in diesem Punkt nicht alle in der Partei auf einer Linie mit dem Präsidenten sind. Trump bat um Geduld, es werde wohl eine kleine “Anpassungsperiode” geben, bevor sich sein Vorgehen etwa für die Landwirte auszahle.
(Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)