Berlin (Reuters) – Werbeflaute und Sparpaket, Stellenabbau und Machtkampf mit Großaktionären: ProSiebenSat.1 erwartet auch 2025 ein schwieriges Jahr und den vierten Gewinnrückgang in Folge.
Die Aktie des Fernsehkonzerns fiel am Donnerstag in der Spitze um gut 14 Prozent und lag am Nachmittag noch bei rund acht Prozent im Minus. Man nehme in einem Sparpaket alle Kosten unter die Lupe, sagte Vorstandschef Bert Habets auf der Bilanz-Pressekonferenz. “Das wird zu einem Personalabbau führen.” Beziffern könne man dies noch nicht. Beim Verkauf von Randgeschäften wie dem Vergleichsportal Verivox oder dem Online-Kosmetikanbieter Flaconi sei man allerdings auf gutem Weg, sagte Finanzchef Martin Mildner.
Die Rezession in Deutschland belastet das Geschäftsmodell von ProSiebenSat.1 und schmälert die Werbeerlöse. Wegen höherer Programmkosten dürfte der operative Gewinn 2025 erneut fallen – und zwar auf 550 Millionen Euro (plus/minus 50 Millionen Euro), schätzt das Management. Das bereinigte Ebitda sank bereits im vorigen Jahr um 3,6 Prozent auf 557 Millionen Euro. Vor allem im wichtigen vierten Quartal 2024 spürte das Unternehmen aus Unterföhring die Konjunkturflaute: Das Werbegeschäft sank um neun Prozent und der operative Gewinn brach um 13 Prozent ein. Im Gesamtjahr 2024 stiegen die Umsätze leicht um 1,7 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro. Für dieses Jahr peilt der Konzern bei den Erlösen eine Spanne von 3,85 bis 4,15 Milliarden Euro an.
Das Management will die Kosten dieses Jahr um 15 Prozent oder 80 Millionen Euro senken und ab 2026 jährlich über 100 Millionen Euro einsparen. Der Konzern hatte bereits 2023 rund 400 Vollzeitstellen gestrichen.
DEAL MIT PARTNER GA ALS “GIFTPILLE” FÜR GROSSAKTIONÄR?
ProSiebenSat.1 steht unter Druck seiner Großaktionäre MFE aus Italien und PPF aus Tschechien, Randgeschäfte wie Verivox und Flaconi zu verkaufen, um sich auf das Kerngeschäft TV und Unterhaltung zu fokussieren. Seit Monaten gibt es Spekulationen, dass die von der Berlusconi-Familie kontrollierte MediaForEurope (MFE) demnächst ein Übernahmeangebot für ProSiebenSat.1 abgeben könnte. Die Italiener sind seit 2019 bei den Bayern engagiert und halten 29,99 Prozent, die Tschechen fast 13 Prozent.
Habets sagte, er wolle nichts zu Spekulationen über eine Offerte der Italiener hinzufügen. “Sollte ein Angebot kommen, wird man es bewerten müssen und wir werden es anschauen.” Dabei würde man die Interessen aller Aktionäre berücksichtigen.
ProSiebenSat.1 sieht derweil einen Einstieg seines Partners General Atlantic nicht als potenzielle Blockade für eine mögliche Übernahme durch die Italiener. “Ich sehe das nicht als Giftpille (“poison pill”) für MFE”, sagte Finanzchef Mildner. Es gehe vielmehr darum, mit dem langjährigen Joint-Venture-Partner General Atlantic (GA) eine Lösung zu finden. Denn ProSiebenSat.1 wolle mehr Flexibilität, um geplante Verkäufe von Firmenteilen voranzutreiben, sagte Mildner. Hintergrund sind die laufenden Verkaufsprozesse von Verivox und Flaconi.
Beide Beteiligungen werden über das Joint-Venture NuCom kontrolliert, an dem GA 28,4 Prozent hält und ProSiebenSat.1 den Rest. Um eine Einigung bei anstehenden Verkäufen zu finden, müssten beide Joint-Venture-Partner zustimmen, sagte Mildner. Um die Dinge zu vereinfachen und flexibler zu sein, suche man mit GA nach einer Lösung. So könnte der Investor bei NuCom aus- und bei ProSiebenSat.1 einsteigen. Im Gegenzug würde ProSieben die GA-Minderheitsbeteiligung an der Internet-Holding NuCom sowie den 45-prozentigen Anteil von GA an der Dating-Sparte ParshipMeet übernehmen. Im Zuge dessen könnte GA eine Pflichtwandelanleihe sowie Aktien aus dem Eigenbestand des Konzerns erhalten. Dies wäre sehr wohl eine Art “Giftpille” für die Italiener, hieß es in der Branche. Denn es würde eine Übernahme komplizierter machen. MFE lehnte einen Kommentar ab.
(Bericht von Klaus Lauer und Isabel Demetz, redigiert von Olaf Brenner. – Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)