Bundesländer dringen auf Zustimmung der Grünen zu Finanzpaket

Berlin (Reuters) – Die Bundesländer drängen die Grünen, ihre Zustimmung zu dem von Union und SPD geplanten riesigen Finanzpaket zu geben.

Es dürfe nicht nur bei der von den Grünen unterstützten Reform der Schuldenbremse zugunsten der Rüstungsausgaben bleiben, sondern auch das Sondervermögen über 500 Milliarden Euro müsse kommen, sagten Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Niedersachsens Landeschef Stephan Weil (SPD) am Mittwoch nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. “Es ist unser gemeinsames Verständnis, dass wir nicht nur Geld für Panzer, Raketen und für die Ukraine ausgeben können”, sagte. Es müsse auch die Infrastruktur Deutschlands – etwa Kindergärten, Schulen, Straßen und Krankenhäuser – gestärkt werden. “Und wir müssen dafür sorgen, dass Länder und Kommunen handlungsfähig sind.”

Die Grünen hatten vor der am Donnerstag stattfindenden ersten Lesung für das Finanzpaket im zusammengerufenen alten Bundestag angekündigt, dass sie dem Gesetzentwurf von Union und SPD nicht zustimmen könnten. Grünen-Co-Vorsitzende Franziska Brantner warnte im Deutschlandfunk erneut davor, dass das Sondierungspapier von Union und SPD nahelege, dass man Investitionen aus dem Haushalt auslagern wolle, um eigene Wahlkampfversprechen bezahlen zu können. Das würden die Grünen nicht mitmachen, die generell eher für eine grundsätzliche Änderung der Schuldenbremse als Alternative für ein Sondervermögen sind.

Am Donnerstag fällt im Bundestag allerdings keine Entscheidung. Diese ist mit der zweiten und dritten Lesung für Dienstag geplant. Der Bundesrat soll am 21. März zustimmen – wenn das Bundesverfassungsgericht nicht Eilanträgen von AfD und Linken zustimmt. Diese wollen weitreichende Beschlüsse noch mit dem alten Bundestag verhindern. Union und SPD verweisen dagegen wegen der veränderten Weltlage auf einen enormen Zeitdruck. Im neuen Bundestag, der am 25. März zusammentreten soll, haben AfD und Linke eine Sperrminorität für alle Entscheidungen, die wie eine Änderung der Schuldenbremse mit Zweidrittel-Mehrheit gefällt werden müssen.

Die Grünen plädieren dafür, den Gesetzentwurf aufzuspalten und nur über die Ausnahme von Verteidigungsausgaben für die Bundeswehr von der Schuldenbremse abzustimmen. Dies lehnt vor allem die SPD ab. Auch die Ministerpräsidentinnen Manuela Schwesig (Mecklenburg-Vorpommern) und Anke Rehlinger (Saarland) warnten die Grünen, dass es in der Bevölkerung ganz schlecht ankomme, wenn der Staat nur Milliarden für die Rüstung, nicht aber auch für die Alltagsprobleme der Menschen bereitstelle.

Die FDP, die theoretisch auch die Stimmen für eine Zweidrittel-Mehrheit im alten Bundestag liefern könnte, bekräftigte, dass sie den Plänen ebenfalls nicht zustimmen wolle. Die Liberalen wollen lieber zwei Prozent der Wirtschaftsleistung aus dem laufenden Bundeshaushalt für die Verteidigung ausgeben, sagte Fraktionschef Christian Dürr. Zudem will die FDP in einem entsprechenden Gesetzentwurf das bestehende Sondervermögen für die Bundeswehr im Volumen von 100 Milliarden Euro um weitere 200 Milliarden Euro aufstocken.

UNION UND SPD BEGINNEN KOALITIONSVERHANDLUNGEN

Am Donnerstagabend wollen Union und SPD mit ihren Koalitionsverhandlungen beginnen. Zunächst trifft die Spitzengruppe der drei Parteien mit den Vorsitzenden der am Mittwoch festgelegten Arbeitsgruppen für die Ausarbeitung eines Koalitionsvertrages zusammen. Die Verhandlungen in den Gruppen dürften dann am Freitag aufgenommen werden, hieß es.

Am Mittwoch hatten die Parteien ihre Unterhändler benannt. Es soll 16 Arbeitsgruppen geben, die jeweils einen Vorsitzenden von CDU, SPD und CSU bekommen. Laut einem internen Zeitplan von CDU/CSU möchte die Union in der Woche ab dem 14. April den angestrebten Koalitionsvertrag unterzeichnen und am 23. April CDU-Chef Friedrich Merz zum neuen Bundeskanzler wählen.

Zunächst hatte es Verwirrung über die Zahl der Arbeitsgruppen gegeben, die zwischen 19 bei der CDU, 16 bei der CSU und 17 bei der SPD abwichen. Nun einigte man sich auf 16 thematisch zusammengefasste Gruppen. Über das Wahlrecht und die Arbeitsweise in der Regierung soll zudem in einer 17. Gruppe, der sogenannten Sondierungsrunde, gesprochen werden, der etwa CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann, SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt angehören. Von den Spitzenpolitikern der drei Parteien gehörte am Ende nur noch Linnemann zu den AG-Vorsitzenden. Er soll für die CDU über Arbeit und Soziales verhandeln.

Überschattet werden die Verhandlungen von der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Eilanträge der AfD und der Linken. Die Linke hatte am Mittwoch eine weitere Klage eingereicht. Es gebe Hinweise und Belege dafür, dass der Gesetzentwurf nicht aus der Mitte des Bundestages entstanden sei, sondern dass die amtierende Bundesregierung und auch die bayerische Staatsregierung daran mitgeschrieben hätten, sagte Co-Parteichefin Ines Schwerdtner in Berlin. Zudem will das BSW in Karlsruhe eine Neuauszählung der Bundestagswahl erreichen, um eventuell doch noch in den Bundestag einziehen zu können. Dies hätte weitreichende Folgen für die Koalitionsbildung.

(Bericht von Andreas Rinke, Holger Hansen; redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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