– von Andreas Rinke und Alexander Ratz und Holger Hansen
Berlin (Reuters) – Union und SPD haben im Bundestag eindringlich an die Grünen appelliert, dem milliardenschweren Finanzpaket für höhere Ausgaben für Verteidigung und die Infrastruktur zuzustimmen.
CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil betonten am Donnerstag in der Debatte in dem zusammengerufenen alten Bundestag, dass sie den Grünen in den vertraulichen Gesprächen der vergangenen Tage weitreichende Zugeständnisse gemacht hätten. “Was wollen Sie eigentlich noch mehr?”, fragte Merz in Richtung Grünen-Fraktion. Die Grünen bekräftigten jedoch ihre Ablehnung. Co-Fraktionschefin Katharina Dröge warf Merz Wortbruch gegenüber Aussagen im Wahlkampf vor und sagte, dass man ihm nicht trauen könne. Union und SPD legten zudem einen Änderungsantrag für den Haushaltsausschuss vor, in dem sie den Grünen an mehreren Stellen entgegenkommen.
Die dreistündige Debatte des alten Bundestages war zwischen den Parteien sehr umstritten. AfD und Linke hatten die Sitzung mit einem Eilantrag in Karlsruhe stoppen wollen. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch noch keine Entscheidung getroffen. Die AfD scheiterte zu Beginn der Sitzung mit einem Antrag, diese wieder abzusetzen. Grüne, FDP, Linke und BSW kritisierten ebenfalls, dass Union und SPD nun eine aus ihrer Sicht falsche Eilbedürftigkeit behaupteten.
Merz, Klingbeil sowie andere Redner von CDU, CSU und SPD betonten dagegen, dass man angesichts der internationalen Klage sehr schnelle Beschlüsse brauche. Dabei sei es nötig, die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und das Sondervermögen von 500 Milliarden Euro Investitionen für Infrastruktur gemeinsam zu beschließen. “Das eine wird es ohne das andere nicht geben”, sagte SPD-Fraktionschef Klingbeil im Bundestag zur Forderung der Grünen, dies aufzuspalten.
Merz und Klingbeil warnten zudem vor großen Schäden für Deutschland, wenn die Grünen am kommenden Dienstag nicht für die nötige Zweidrittel-Mehrheit sorgen sollten. Der SPD-Chef sprach von einem drohenden Reputationsverlust Deutschlands, weil andere EU-Staaten das riesige Investitionspaket bereits begrüßt hätten. Merz warnte vor einer Staatskrise, wenn man bei einem Scheitern des Pakets in Deutschland dann “wochenlange, monatelange Diskussionen führen müssen, wie wir denn aus dieser schwierigen Lage herauskommen”. Zudem brauche eine Bundesregierung ein klares Signal für den Nato-Gipfel im Juni, um den USA gegenübertreten zu können.
GRÜNE BETONEN ABLEHNUNG
Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Dröge und Britta Haßelmann machten dagegen vor allem CDU-Chef Merz schwere Vorwürfe. Sie hatten schon vor der Debatte angekündigt, dass es in den Gesprächen mit Union und SPD keine so relevante Annäherung gebe, dass eine zeitnahe Einigung versprochen werden könne, sagte Dröge. Co-Fraktionschefin Haßelmann sagte, ein entscheidender Punkt für das von Schwarz-Rot gewünschte Sondervermögen für Investitionen sei deren Zusätzlichkeit. “Das ist bisher im vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt nicht gesichert”, sagte Haßelmann.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr und der frühere Finanzminister Christian Lindner warfen Merz vor, dass er nun eine linke Wirtschaftspolitik wolle und sich den Grünen unterwerfe. Den Vorwurf der Wählertäuschung musste sich Merz auch von Rednern der AfD, der Linken und des BSW anhören. Merz versuchte sich zu verteidigen, indem er darauf verwies, dass er vor der Wahl eine Reform der Schuldenbremse zumindest nicht ausgeschlossen habe. Dürr warf ihm aber vor, er habe ausdrücklich über eine Reform erst nach Strukturreformen reden wollen. Sowohl Merz als auch Klingbeil versicherten, dass in den Koalitionsverhandlungen auch über strukturelle Reformen und Planungsbeschleunigung gesprochen werde.
UNION UND SPD ÄNDERN GESETZENTWURF
Die Bundestagsfraktionen von Union und SPD legten parallel zur Debatte einen Änderungsantrag vor, um den Grünen an mehreren Stellen entgegenzukommen. In einem Reuters vorliegenden Änderungsantrag zum geplanten Gesetzentwurf wird der Sicherheitsbegriff weiter als bisher gefasst, was die Grünen stets gefordert hatten. So sollen zusätzliche Ausgaben für die Verteidigung auch dem Zivil- und Bevölkerungsschutz zugutekommen, zudem den Nachrichtendiensten. Letzteres soll die Früherkennung von Bedrohungen verbessern. Außerdem soll das geplante Sondervermögen von bis zu 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur auch dem Klimaschutz dienen. “Investitionen aus dem Sondervermögen können innerhalb einer Laufzeit von zwölf Jahren bewilligt werden. Zuführungen aus dem Sondervermögen in den Klima- und Transformationsfonds in Höhe von bis zu 50 Milliarden Euro sind zulässig.” Die Länder sollen dem Bund zur Mittelverwendung Bericht erstatten müssen. Sie sollen 100 der 500 Milliarden Euro aus dem Sondertopf bekommen.
(Bericht von Andreas Rinke, Alexander Ratz; Mitarbeit von Christian Krämer, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)