Frankfurt (Reuters) – Europas Anleger haben ihre Nervosität wegen der eskalierenden globalen Handelsspannungen zum Wochenschluss abgeschüttelt.
Der Dax stand am Vormittag 1,4 Prozent höher bei 22.894 Punkten, der EuroStoxx50 lag 1,2 Prozent im Plus bei 5390 Zählern. Anleger griffen vor allem bei europäischen Technologie- und Finanzwerten zu, während Börsenliebling Rheinmetall von Rekord zu Rekord eilt.
Für Auftrieb im Rüstungssektor und am Gesamtmarkt sorgte die Aussicht auf eine mögliche bevorstehende Einigung im Ringen um das geplante Milliarden-Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur. Union und SPD erzielten Verhandlungskreisen zufolge mit den Grünen eine Einigung in den Gesprächen über das schwarz-rote Finanzpaket. Letzte Details würden noch verhandelt, hieß es. Der Euro kletterte um 0,4 Prozent auf 1,0897 Dollar. Die deutsche Initiative zur Lockerung der Schuldenbremse sorge für Wachstumsoptimismus in der Euro-Zone, sagten die Analysten der Helaba.
SPEKULATIONEN AUF INVESTITIONEN BEFEUERN RÜSTUNGSRALLY
Rüstungswerte gaben entsprechend Vollgas. Für Rheinmetall, das am Donnerstag Volkswagen beim Börsenwert überholt hatte, ging es weitere 6,5 Prozent nach oben auf ein Rekordhoch von 1372 Euro. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hat sich die Rheinmetall-Aktie um mehr als das Zwölffache verteuert. Hensoldt und Renk gewannen am Freitag 4,1 und 6,7 Prozent. Thyssenkrupp, Airbus und MTU Aero Engines stiegen zwischen einem und drei Prozent.
Größter Branchengewinner europaweit waren Bankentitel. Der Sektorindex zog um 2,2 Prozent an. Commerzbank standen drei Prozent im Plus. Die italienische Großbank UniCredit ist auf dem Weg zu einer möglichen Übernahme einen Schritt weiter. Die Europäische Zentralbank (EZB) genehmigte eine Aufstockung der direkten Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent.
Autowerte mussten zunächst Federn lassen, nachdem BMW einen Gewinneinbruch vor Steuern von 35,8 Prozent in 2024 meldete. Anschließend beruhigten sich die Gemüter aber rasch wieder, der Sektorindex stand 1,5 Prozent höher. BMW-Papiere lagen rund ein Prozent im Plus bei 83,12 Euro. “Die 80-Euro-Marke sollte jetzt halten, um den zaghaften Aufwärtstrend nicht zu gefährden und ein erneutes Abrutschen auf die Tiefs aus dem vergangenen November zu verhindern”, sagte Stratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. In Paris schickte die Ernennung des georgischen Designers Demna als neuen künstlerischen Direktor bei Gucci die Aktien des Mutterkonzerns Kering um mehr als zehn Prozent abwärts. Die Analysten von JP Morgan nannten die Personalie eine “umstrittene Wahl”.
UNSICHERHEIT BLEIBT – GOLD STEIGT ÜBER 3000 DOLLAR
Auf Wochensicht steuern der deutsche Leitindex und sein europäisches Pendant auf Verluste von einem beziehungsweise anderthalb Prozent zu. Die Verunsicherung der Anleger spiegelte sich auch in einem steigenden Goldpreis wider. Das als Krisenwährung genutzte Edelmetall übersprang erstmals die Schallmauer von 3000 Dollar je Feinunze. “Angesichts eskalierender geopolitischer Spannungen, steigender Handelszölle und einer wachsenden Unsicherheit an den Finanzmärkten suchen Investoren verstärkt nach Stabilität – und finden sie in Gold”, fasste Heraeus-Edelmetallhändler Alexander Zumpfe zusammen. Investoren fürchten, dass die Handelsspannungen zwischen den USA und Europa eskalieren könnten, nachdem die Europäische Union Vergeltungsmaßnahmen gegen pauschale US-Zölle auf Stahl und Aluminium ergriffen hatte.
(Bericht von Anika Ross; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)