Unicredit drückt bei Commerzbank-Übernahme auf die Bremse

– von Alexander Hübner und Valentina Za

München/Mailand (Reuters) – Die italienische Großbank UniCredit ist auf dem Weg zu einer möglichen Übernahme der Commerzbank einen Schritt weiter.

Die Europäische Zentralbank (EZB), die auch als Aufseher für die Großbanken fungiert, habe eine Aufstockung der direkten Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent genehmigt, teilte UniCredit am Freitag in Mailand mit. Noch fehlten aber weitere Genehmigungen, unter anderem die des Bundeskartellamts. Zugleich trat UniCredit-Chef Andrea Orcel verbal auf die Bremse: Bis zur Entscheidung, ob es tatsächlich zu einem Zusammenschluss mit der Commerzbank komme, werde es wohl “deutlich über das Jahr 2025 hinaus” dauern. Zuletzt hatte der Bankchef von drei bis fünf Quartalen gesprochen.

Die Commerzbank gab sich gelassen: Für sie ändere sich damit nichts. “Wir sind überzeugt von unserer Strategie, die auf profitables Wachstum und Wertsteigerung zielt, und arbeiten an der erfolgreichen Umsetzung”, erklärte ein Sprecher. Die Bank beharrt auf Eigenständigkeit und bewertet das Vorgehen des Mailänder Instituts als feindlich. UniCredit ist mit bisher 9,5 Prozent ihr zweitgrößter Aktionär nach dem Bund, der zwölf Prozent hält. Die Italiener haben sich aber über Optionen und andere Derivate nach eigenen Angaben Zugriff auf weitere 18,5 Prozent gesichert. Ein Tausch in Aktien wäre aber erst nach Erhalt der Genehmigungen möglich.

Die Entscheidung der EZB war erwartet worden, nachdem UniCredit über eine starke Bilanz verfügt und die Notenbank grundsätzlich grenzüberschreitende Bankfusionen befürwortet. “Die EZB hat Deutschland ein mächtiges Instrument entzogen, um sich gegen eine mögliche Übernahme zu wehren”, sagte der frühere EZB-Aufseher Ignazio Angeloni, der inzwischen an der privaten Bocconi-Universität in Mailand lehrt. Ein Zusammenschluss wäre seiner Ansicht nach “eine einzigartige und innovative Brücke zwischen zwei konservativen Bankenmärkten”.

Das Bundeskartellamt prüft den Einstieg der Italiener auf mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb. UniCredit gehört in Deutschland mit der Münchner HypoVereinsbank bereits eine Großbank, die sie mit massiven Einschnitten erfolgreich auf Rendite getrimmt hat.

Auch bei der Commerzbank schreibt sich UniCredit die rasante Kursrally und die ehrgeizigeren Ziele unter Vorstandschefin Bettina Orlopp auf die Fahnen: “Als Aktionär sind wir zufrieden, dass unser Investment einige positive Entwicklungen bei der Commerzbank angestoßen hat, die zusammen mit dem jüngsten positiveren Blick auf die deutsche Wirtschaft zu einem substanziellen Kursanstieg der Aktie geführt haben”. Es werde aber noch einige Zeit dauern, bis sich abzeichne, ob die Pläne der Bank umsetzbar seien, ob die Neubewertung gerechtfertigt und von Dauer sei.

COMMERZBANK-AKTIENKURS SEIT EINSTIEG FAST VERDOPPELT

Seit dem überraschenden Einstieg im September hat sich der Aktienkurs der Commerzbank fast verdoppelt. Am Freitag stieg er um 3,8 Prozent auf 24,16 Euro, den höchsten Stand seit fast 14 Jahren. An der Börse ist das Frankfurter Geldhaus inzwischen fast 28 Milliarden Euro wert.

Zudem warte man auf eine Gelegenheit, in einen konstruktiven Dialog mit der neuen Bundesregierung einzutreten, sobald diese sich gebildet habe, bekräftigte UniCredit. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der mit der SPD über eine Koalition verhandelt, hatte seine Skepsis zu einem Verkauf der Commerzbank deutlich gemacht: Sie finanziere etwa ein Drittel des deutschen Mittelstandes und ein Drittel des gesamten Außenhandels. Wenn sie das Schicksal der HVB erleide, “dann wird Deutschland eine weitere wichtige stabile Säule des Bankenmarktes verlieren”, hatte Merz im September gewarnt.

Die scheidende Bundesregierung stellte sich erneut hinter die Commerzbank: Sie unterstütze die Strategie der Commerzbank, eigenständig zu bleiben, sagte eine Sprecherin des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums. Feindliche Übernahmen im Bankensektor seien nicht angemessen, insbesondere bei systemrelevanten Instituten. Wirtschaftsrechtler Tobias Tröger von der Goethe-Universität in Frankfurt warnte, die Euro-Zone wäre in einer Krise noch nicht fähig, eine Bank der Größe von UniCredit und Commerzbank zu retten: “Ich verstehe die Bedenken von Politikern gegen eine grenzüberschreitende Bankenkonsolidierung, solange es keinen geeigneten Rahmen dafür gibt.”

Derzeit beschäftigt UniCredit-Chef Orcel in Italien noch die 13,5 Milliarden Euro schwere feindliche Übernahme der Mailänder Regionalbank Banco BPM. Die EZB gab der Bank am Donnerstagabend grünes Licht für die nötige Kapitalerhöhung. Das offizielle Angebot wird im April erwartet.

(Bericht von Alexander Hübner und Valentina Za. Mitarbeit: Tom Sims und Christian Krämer. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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