Unicredit will sich mit Commerzbank-Entscheidung Zeit lassen

München/Mailand (Reuters) – Die italienische Großbank UniCredit ist auf dem Weg zu einer möglichen Übernahme der Commerzbank einen Schritt weiter.

Die Europäische Zentralbank (EZB), die auch als Aufseher für die Großbanken fungiert, habe eine Aufstockung der direkten Commerzbank-Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent genehmigt, teilte UniCredit am Freitag in Mailand mit. Noch fehlten aber weitere Genehmigungen, unter anderem die des Bundeskartellamts. Zugleich trat UniCredit-Chef Andrea Orcel verbal auf die Bremse: Bis zur Entscheidung, ob es tatsächlich zu einem Zusammenschluss mit der Commerzbank komme, werde es wohl “deutlich über das Jahr 2025 hinaus” dauern, hieß es in der Mitteilung. Zuletzt hatte der Investmentbanker von “drei bis fünf Quartalen” gesprochen.

Die Commerzbank gab sich gelassen: Für sie ändere sich durch den Schritt nichts. “Wir sind überzeugt von unserer Strategie, die auf profitables Wachstum und Wertsteigerung zielt, und arbeiten an der erfolgreichen Umsetzung”, erklärte ein Sprecher. Die Commerzbank beharrt auf ihrer Eigenständigkeit und wertet das Vorgehen des Mailänder Instituts als feindlich. UniCredit ist mit 9,5 Prozent ihr zweitgrößter Aktionär nach dem Bund, der noch zwölf Prozent hält. Die Italiener haben sich aber über Optionen und andere Derivate nach eigenen Angaben Zugriff auf weitere 18,5 Prozent gesichert. Ein Tausch in Aktien wäre aber erst nach Erhalt der Genehmigungen möglich.

Die Entscheidung der EZB war erwartet worden, nachdem UniCredit über eine starke Bilanz verfügt und die Notenbank grundsätzlich grenzüberschreitende Bankfusionen befürwortet. Das Kartellamt prüft den Einstieg der Italiener auf mögliche Auswirkungen auf den Wettbewerb. UniCredit gehört in Deutschland mit der Münchner HypoVereinsbank bereits eine Großbank, die sie mit massiven Einschnitten erfolgreich auf Rendite getrimmt hat.

Auch bei der Commerzbank schreibt sich UniCredit die rasante Kursrally der Aktie und die ehrgeizigeren Ziele unter der neuen Vorstandschefin Bettina Orlopp auf die Fahnen: “Als Aktionär sind wir zufrieden, dass unser Investment einige positive Entwicklungen bei der Commerzbank angestoßen hat, die zusammen mit dem jüngsten positiveren Blick auf die deutsche Wirtschaft zu einem substanziellen Kursanstieg der Aktie geführt hat.” Man müsse aber noch einige Zeit abwarten, ob die Pläne der Bank umsetzbar seien, ob die Neubewertung gerechtfertigt und von Dauer sei. Seit dem überraschenden Einstieg im September hat sich der Aktienkurs der Commerzbank auf 23,34 Euro fast verdoppelt, an der Börse ist das Frankfurter Geldhaus inzwischen 27,5 Milliarden Euro wert.

Zudem warte man auf eine Gelegenheit, in einen konstruktiven Dialog mit der neuen Bundesregierung einzutreten, sobald diese sich gebildet habe, bekräftigte UniCredit. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der derzeit mit der SPD über eine Koalition verhandelt, hat bereits mehrfach seine Skepsis zu einem Verkauf der Commerzbank deutlich gemacht: Sie finanziere etwa ein Drittel des deutschen Mittelstandes und ein Drittel des gesamten Außenhandels. Wenn sie das Schicksal der HVB erleide, “dann wird Deutschland eine weitere wichtige stabile Säule des Bankenmarktes verlieren”, hatte Merz im September gewarnt.

Derzeit beschäftigt UniCredit-Chef Orcel in Italien noch die zehn Milliarden Euro schwere Übernahme der Mailänder Regionalbank Banco BPM. Das offizielle Angebot, das BPM ebenfalls als feindlich betrachtet, dürfte im April vorgelegt werden.

(Bericht von Alexander Hübner und Valentina Za; Mitarbeit: Tom Sims; redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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