Ifo-Chef fordert Ausgabenkürzungen – “Schulden machen kann jeder”

Berlin (Reuters) – Ifo-Präsident Clemens Fuest fordert von Union und SPD neben dem geplanten Finanzpaket auch wichtige Strukturreformen für Deutschland.

Schulden zu machen sei der leichte Teil – “das kann jeder”, sagte der Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts am Montag mit Blick auf angepeilte Mehrausgaben für Verteidigung und Infrastruktur. Eine neue Bundesregierung müsse auch Strukturreformen und Ausgabenkürzungen angehen. Durch den Rückzug der USA aus Europa und dem zunehmenden Protektionismus etwa durch Zölle im Welthandel habe sich die geopolitische Lage jüngst stark verändert. Beides bedeute, dass Deutschland dadurch letztlich ärmer sei. “Wir müssen damit umgehen, dass wir an Wohlstand einbüßen”, warnte Fuest. “Nichts kann uns davor bewahren, den Gürtel enger zu schnallen oder mehr zu leisten.”

Mit einem milliardenschweren Finanzpaket wollen Union und SPD Geld in Aufrüstung und Infrastruktur stecken. Grundgesetzänderungen sollen eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben und eine 500 Milliarden Euro umfassende neue Kreditlinie für Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen. Die Botschaft der Politik dürfe aber nicht sein, dass man im Gegenzug auf nichts anderes verzichten müsse, mahnte Fuest. “Das sind Illusionen, die da geschürt werden.” Es sei allen klar, dass man Infrastruktur dauerhaft nicht über Schulden finanzieren könne. “Wenn wir in diesem Bereich mehr tun wollen, müssen wir woanders kürzen.”

Dies müsse die neue Regierung künftig klar benennen, so Fuest. Wichtig sei hier eine Debatte, wie man mit dem Wohlstandsverlust umgehen wolle. Denn es gebe weniger Ressourcen für “die Dinge, die wir eigentlich wollen”. Denn zur Aufrüstung sei man eher gezwungen, um den Frieden zu sichern. Der Ökonom plädierte dafür, es für Menschen attraktiver zu machen, mehr zu arbeiten – etwa durch bessere Kinderbetreuung – und den Trend zu mehr Teilzeitarbeit aufzuhalten. “Wir brauchen mehr Produktionskapazitäten.” Dies gelte auch für die geplanten Pläne zur Aufrüstung. Hier müssten Programme auf mehrere Jahre ausgerichtet sein, damit die Firmen bereit seien, ihre Kapazitäten auszubauen.

Entscheidend sei, nicht nur Kosten für die Unternehmen zu senken, sondern die gesamtwirtschaftlichen Kosten zu reduzieren. “Wir müssen es effizienter machen”, sagte Fuest etwa mit Blick auf die Energiewende, die “extrem ineffizient organisiert” und viel zu teuer sei. “Es ist wirtschaftspolitisch überhaupt keine Leistung, irgendwelche Dinge zu subventionieren oder Steuern zu senken.”

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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